Foto: Wilmer/Profi

„Mehr als nur eine andere Armlehne“

Der US-Amerikaner Brad Crews ist seit März Markenpräsident von Case IH und Steyr. BLICK INS LAND hat ihn bei seinem Besuch im Steyr-Headquarter in St. Valentin getroffen und zur Zukunft der Marke innerhalb des CNH Industrial-Konzerns befragt.
.

BLICK INS LAND: Sie folgen in Ihrer Funktion einem Österreicher. Wird es Auswirkungen für die Marke Steyr haben, dass nun kein Österreicher, sondern ein Amerikaner die Verantwortung für sie trägt?

Crews: Natürlich wird es anders sein. Jeder hat seinen persönlichen Stil. Und es gibt natürlich geografische Schwerpunkte: Ich werde nicht so oft in Österreich anwesend sein wie es Andreas Klauser war. Da wir hier in St. Valentin sehr viele erfahrene Mitarbeiter haben, sollte das keine Hürde darstellen. Ich werde die Marke von den USA aus ebenso effektiv managen.

Also wird sich die Bedeutung von Steyr innerhalb des CNH-Konzerns ändern?

Der neue CEO von CNH Industrial, Hubertus Mühlhäuser, ist ein starker Fürsprecher von Steyr. Wir werden in die Marke investieren. Wir streben einen viel höheren Grad der Unterscheidbarkeit zu unseren anderen Marken als in den früheren Jahren an.

Wie darf man sich das vorstellen? Heute sind einige Modelle von Case IH, New Holland und Steyr ja fast baugleich.

„Unterscheidbarkeit“ muss mehr bedeuten als nur eine andere Farbe und eine andere Armlehne. Wir wollen Steyr in seinem Kernsegment als den Technologieführer des Konzerns positionieren. Viele innovative Technologien wird es daher zuerst auf Steyr-­Traktoren geben. Manche auch exklusiv. Damit werden wir ein starkes Zeichen am Markt für Premium-Traktoren setzen. Denn der Steyr-­Kunde ist einzigartig und hat hohe Ansprüche.

Gibt es schon Pläne, welche Technologien man bei CNH Industrial zunächst für Steyr reservieren will?

Es ist noch zu früh, um darauf konkrete Antworten geben zu können. Ich glaube aber nicht, dass der klassische Steyr-­Kunde so bald autonome Traktoren brauchen wird. Ein interessanter Punkt könnten aber beispielsweise neue Antriebssysteme sein. Alternative Energiequellen könnten zuerst bei Steyr eingesetzt werden.

Bedeutet „Premium“ in diesem Zusammenhang auch, dass Steyr spürbar teurer als Case IH und New Holland sein soll?

Premium bedeutet höhere Kosten. Höhere Kosten bedeuten einen höheren Preis. Ein Steyr wird also nicht der billigste Traktor am Markt sein.

Der Terrus ist mit 300 PS aktuell der stärkste verfügbare Steyr. Ist eine Erweiterung nach oben geplant?

Derzeit nicht. Aber ich möchte nichts völlig ausschließen.

Bei welcher PS-Klasse wird der Markenfokus künftig liegen?

Aktuell liegt unser Schwerpunkt im Bereich des „Multi“ um die 100 PS. In Zukunft wollen wir zwischen 120 und 160 PS, also wo der „Profi“ angesiedelt ist, stärker werden. Mit dem Wachstum der Betriebe und den steigenden Anforderungen der Landwirte erwarten wir uns hier einiges an Potential. In jedem Fall soll aber der Familienbetrieb in unserem Fokus bleiben. Das passt auch zum Gesamtkonzern, weil wir hier mit Case IH nicht so stark sind.

Steyr ist aktuell völlig auf Traktoren fokussiert. Viele Hersteller wollen aber Full-Liner werden, also auch Anbaugeräte unter der eigenen Marke anbieten …

Wir haben derzeit keine Pläne, aus Steyr einen Full-­Liner zu machen.

So gut wie alle Landtechnikhersteller arbeiten an hauseigenen Farm Management-Plattformen. Wird es eine solche mit Steyr-Logo geben?

Unser Ziel ist es, alle bei CNH Industrial verfügbaren Services für Steyr-­Kunden zugänglich zu machen. Also wird es diese auch unter der Marke Steyr geben. Wie stark sich diese von anderen Lösungen im Konzern unterscheiden werden, ist aber noch offen.

Österreich ist, was die Arbeitskosten betrifft, ein Hochpreisland. Warum ist St. Valentin für Sie trotzdem attraktiv?

Weil es auch ein Hochqualitätsstandort ist. Diese Fabrik produziert genau das, was die Kunden wollen. Wenn es etwas mehr kostet, dann sind sie bereit, für diese Qualität zu bezahlen.

Teile des Steyr-Portfolios werden aber in der Türkei gefertigt. Wird es zu weiteren Verlagerungen zu günstigeren Produktionsstandorten kommen?

Nein. Die Fabrik in St.Valentin wird mit der zunehmenden Bedeutung von Steyr für CNH Industrial sogar wichtiger werden. Unsere Herausforderung wird es eher sein, dass jedes Produkt, das nicht in der Fabrik in St.Valentin hergestellt wird, denselben Ansprüchen entspricht.

Steyr ist aktuell, grob gesagt, in den alpinen Regionen stark. Sehen Sie auch in anderen Märkten Potential?

In Österreich ist Steyr ja Marktführer. Und auch in anderen Ländern haben wir bereits ein starkes Händlernetzwerk und werden weiterhin in den Ausbau investieren. Es muss das Ziel sein, dass Steyr in den nächsten Jahren europaweit vertreten ist. So wollen wir aktuell die Marke wieder in Spanien und Portugal, aber auch in Lettland einführen. Dafür die richtigen Partner zu finden, wird aber Zeit brauchen.

Interview: Stefan Nimmervoll

ZUR PERSON

Der US-Amerikaner Brad Crews (57) ist seit kurzem Markenpräsident von Case IH und Steyr. Bis 2017 war er für 23 Jahre bei CNH Industrial tätig. Nach einem kurzen Intermezzo beim Case IH Händler Titan Machinery Inc. kehrt er nun in den Konzern zurück.
.
www.steyr-traktoren.com