Foto: Agritechnica

Gold und Silber für die Besten

Agritechnica-Neuheiten: Die größte Landtechnikmesse der Welt, Mitte November in Hannover, wirft ihre Schatten voraus. Die innovativsten Maschinen, Geräte und Systeme, die heuer auf der Agritechnica präsentiert werden, wurden im Vorfeld wieder von einer unabhängigen Jury bewertet.

Mit der Verleihung des „Innovation Awards“ kürt die Messe im zweijährigen Turnus traditionell nach strengen Kriterien die einfallsreichsten Ausstellungstechniken, heuer aus insgesamt 346 angemeldeten Neuheiten. Zwei davon erhalten Goldmedaillen, 29 eine Silbermedaille, darunter drei für zwei Firmen aus Österreich: Pöttinger und Farmdoc.

Mit dem „Innovation Award“ in Gold wurden ausgezeichnet:

Claas für das autonome Dresch­werk „Cemos Auto Threshing “:Musste bisher der Fahrer eines Mähdreschers selbst durch manuelle Einstellungen den besten Kompromiss zwischen Dreschtrommelgeschwindigkeit, Dreschspaltweite und Ausdrusch finden, passt sich die Maschine nun automatisch an die tatsächlich vorhandenen Ernte­bedingungen an und optimiert Arbeitsqualität und Arbeitsleistung des Tangential-Dreschwerkes in Schüttler- und Hybrid-Mäh­dreschern. Das Alleinstellungsmerkmal der gesamten Automatisierung ist die Kommunikation der verschiedenen Automaten untereinander. Der Durchsatzregler arbeitet abhängig vom Dreschwerk­automaten sowie von den Automaten der Restkornabscheidung und Reinigung. Der Bediener gibt agronomische Strategien vor, nach denen das selbstlernende System alle Maschinenparameter optimiert.

Kemper & John Deere für den „StalkBuster“: Der Maiszünsler gilt vielerorts als wichtigster Schädling im Silomaisanbau. Neben Insektiziden und biologischen Mitteln ist eine der wichtigsten Bekämpfungsstrategien eine gründliche Zerkleinerung der Maisstoppeln unmittelbar nach der Ernte. Der StalkBuster ist die erste in den Mähvorsatz des Feldhäckslers integrierte stoppelzerstörende Technik, die alle Maisstoppeln zerschlägt, bevor diese vom Feldhäcksler oder Transportwagen niedergedrückt werden. Gängige Schlegelmulcher lassen zu viele Stoppeln unzerstört und bieten so den Raupen reichliche Reservoirs zum Überwintern. In diesen verpuppt sich der Schädling im Frühjahr und die Falter befallen im Anschluss neue Flächen. Die ins Schneidwerk integrierte Mulcheinrichtung hat einen verhältnismäßig geringen Leistungsbedarf wie auch ein relativ geringes Gewicht und ist eine technische Lösung mit sehr hohem praktischen wie ökologischen Wert.

Mit dem „Innovation Award“ in Silber wurden ausgezeichnet:

Agco-Fendt für den neuen Oberklasse Mähdrescher „Ideal“ bis 650 PS mit bodenschonender Fahrwerkstechnik, der die Transportbreite von 3,3 Metern nicht überschreitet, mit zwei 4,85 Meter langen Axialrotoren mit besonders langen Dresch- und Abscheidewegen und vollautomatischer Koppelung der Erntevorsätze mit Erkennung, um die letzten Einstellungen des Vorsatzes zu laden. Seitenhangneigungen bis zu 15 Prozent werden kompensiert, eine neue Sensorik erkennt die Abscheideverläufe an Dresch- und Trennkörben.

Fendt für einen Elektrotraktor-Prototyp: Der erste batteriebetriebene Elektrotraktor „Fendt e100 Vario“ basiert auf dem Antriebskonzept eines konventionellen 50-kW-Vario-Traktors. Dieselmotor, Abgas-, Zuluft-, Kraftstoffanlage und Motorkühler werden durch einen Akkublock, einen kompakten Elektromotor und die Steuerungselektronik ersetzt. Der 100-kWh-Hochvolt-Akku ist schnellladefähig und speichert für die Arbeit bei mittlerer Last für vier Stunden ausreichend Energie. Das Akkupaket kann auch als Zwischenspeicher für selbst produzierten Strom genutzt werden. Die Maschine bleibt dabei voll kompatibel zu herkömmlichen Anbaugeräten. Ohne lokale Emissionen und geräuscharm ist sie für den Einsatz etwa in Ställen oder Glashäusern, aber auch im Kommunalbereich prädestiniert.

Fendt für die Schwarmroboter MARS: Bei „Mobile Agricultural Robot Swarms“ übernimmt anstatt großer Einzelmaschinen eine Vielzahl kleiner, autonom fahrender, elektrisch angetriebener Einheiten die Arbeitsaufgabe der Aussaat von Mais. Bei minimaler Geräuschemission ist die Bewirtschaftung siedlungsnaher Flächen auch in der Nacht ohne Scheinwerfer möglich, die bewusst kostengünstig konstruierten Schwarmfahrzeuge mit gerade einmal 40 Kilogramm Eigengewicht erledigen die Arbeit, kommunizieren miteinander und mit dem Maschinenführer.

Fendt für die Optimierung der Achslastverteilung: Mit dem „VarioPull“ kann erstmalig die Position des Anhängepunktes von Geräten auch während der Arbeit horizontal um bis zu 80 cm hin zur Hinterachse frei eingestellt werden. Durch den nach vorne verschobenen Anhängepunkt wird die Achslastverteilung optimiert, eine höhere Fahrsicherheit erzielt, und weil sich am Vorgewende der Koppelpunkt nach hinten verschieben lässt, um Freiraum für die Geräteanhängung zu bekommen, der Ackerboden geschont.

Claas für ein Warnsystem vor Landmaschinen im Straßenverkehr: Das „Telematics Large Vehicle Alert System“ ist das erste Verkehrssicherheitssystem, das über Position und Status von landwirtschaftlichen Maschinen auf ihrer Route informiert. Die Claas-App meldet den Standort der Landmaschinen nahezu in Echtzeit an die Assistenzsysteme von PKW und LKW. Durch den offenen Datenstandard können verschiedenste Navigationssysteme auf die von Claas gespeicherten Daten zugreifen und so Warnmeldungen an die Verkehrs­teilnehmer wiedergeben.

Claas für eine stereoskopische Reihenkamera: Eine robuste Reihenführung des Verschieberahmens mechanischer Hacken bestimmt wesentlich die Qualität und den Wirkungsgrad des Arbeitsprozesses. „Culti Cam“ nutzt eine Stereo-Kamera mit zwei Objektiven zur räumlichen 3D-Erfassung der Pflanzenbestände zur optimalen Führung der Hackwerkzeuge parallel zu den Reihen. Bei nicht optimaler Funktion gibt das System eine Rückkopplung an den Fahrer. Die Vorteile sind eine robustere und genauere Reihenführung bei ganzflächiger Verunkrautung durch Erkennen von räumlichen Längsprofilen. Auch kann besser bei windigen Verhältnissen oder mit kleineren Pflanzen gearbeitet werden.

Claas für ein Fahrerassistenzsystem: „Cemos“ ist ein interaktives System, das einen bedienerfreundlichen Ansatz zur optimalen Einstellung üblicher Traktor-Gerätekombinationen bietet. Es bezieht außer den vom Fahrer eingegebenen Werten auch die vom Gerätehersteller empfohlenen Einstellungsalgorithmen mit ein. Während der Arbeit versucht das Systems, Traktor- und Geräteeinstellungen permanent zu optimieren, und unterbreitet auch unerfahrenen Fahrern validierte Optimierungsvorschläge.

Claas für einen Halbraupentraktor mit Vollfederung: Der mit einer Halbraupe ausgestattete „Axion 900 Terra Trac“ verfügt erstmals über eine Federung an der Vorder- und Hinterachse, wodurch sich der Komfort gegenüber den alternativen Triangel-Halbraupen deutlich verbessert. Die deutlich vergrößerte Aufstandslänge sorgt sowohl im Feld als auch bei schneller Straßenfahrt für eine sehr gute Richtungsstabilität samt besserer Bodenanpassung, die über Pendelwinkel von 15° und einen hydraulischen Lastausgleich zwischen allen Rollen erreicht wird. Der mangelhafte Fahrkomfort von Voll- oder Halb­raupenschleppern führte bisher dazu, dass diese selten für schnelle Fahrten genutzt werden.

Farmdok für die Automatisierung landwirtschaftlicher Aufzeichnungen: eine Agrarsoftware für die mobile und automatische Dokumentation landwirtschaftlicher Maßnahmen direkt am Feld mit Smartphone oder Tablet. Die Musterauswertung von Bewirtschaftungs- und GPS-Daten ermöglicht die nahezu vollständige Automatisierung der Datenerfassung sowie die zuverlässige Erkennung und Ermittlung der bearbeiteten Fläche. So können Straßen- von Feldarbeiten unterschieden und ausgebrachte Fuhren gezählt werden. Der Landwirt profitiert durch Zeitersparnis und Komfort bei der Aufzeichnung bei einem Minimum an Bedienung.

Pöttinger für einen Infrarot-Sensor zur Wildtiererkennung: Mit dem direkt am Mähwerk installierten Sensorbalken „Sensosafe“ können versteckte Wildtiere nun über optische Infrarotsensoren mit integrierter LED-Beleuchtung während des Mähens erkannt und somit vor dem Mähtod bewahrt werden.

Pöttinger für eine kameragestützte Saatbettbereitung: Bei dieser Technik wird mit Kameras in Echtzeit die Oberflächenrauigkeit aufgenommen. Der gewünschte Sollwert wird vom Fahrer festgelegt, die tatsächliche Rauigkeit wird hinter der Kreiselegge gemessen und anschließend von der Rechnereinheit an die Implement-ECU übergeben. Das Gerät regelt automatisch die Fahrgeschwindigkeit des Traktors und die Zapfwellendrehzahl der Kreiselegge, was zu einem gleichmäßigen Saatbett führt.

John Deere für eine Traktor-integrierte Anbaugerätelenkung: „AutoTrac Implement Guidance“ ermöglicht die präzise Führung von Hackwerkzeugen zwischen Pflanzenreihen ohne den üblichen Verschieberahmen. Das Signal einer geräteseitig montierten Kamera berechnet die Abweichung der Anbauhacke zu den erkannten Pflanzenreihen. Zusätzliche hydraulisch absenkbare Seche am Traktorheck nehmen die durch die Verschiebung verursachten Seitenkräfte auf und verbessern die Funktion des Systems, insbesondere am Seitenhang und bei höherer Fahrgeschwindigkeit. Auch die Fahrgeschwindigkeit wird automatisch angepasst.

Amazone für noch mehr Verteilgenauigkeit von Spritzmitteln: Eine Bewegung des Spritzgestänges parallel zum Boden vor und zurück beeinflusst die Genauigkeit der Verteilung. „SwingStop pro“ erreicht über eine Kombi aus aktiver, horizontaler Schwingungstilgung des Spritzgestänges und dynamischer Mengenregelung neuartiger Ventile an jeder Düse die ständige Anpassung der Ausbringmenge und damit eine bisher nicht mögliche Verteilgenauigkeit bei der Applikation über die gesamte Arbeitsbreite in Längsrichtung.

Krone für einen Kabinenlift: Da die modernen Maissorten immer ertragreicher werden, sind inzwischen deutlich größere Wuchshöhen von 4 m und mehr durchaus an der Tagesordnung. Der Fahrer des Häckslers ist dann täglich mit einer hohen beweglichen „Maiswand“ konfrontiert. Bei der Krone LiftCab wird die Kabine auf Knopfdruck um 70 cm angehoben, so kann der Fahrer diese anstrengenden Einsatzzeiten entschärfen und zudem einen komfortablen Überblick über Bestand und Abfuhrgespanne erreichen. Der sich ergebende Zwischenraum unter der Kabine lässt außerdem viel Platz für Service- und Wartungsarbeiten. Beim Feldhäcksler ist ein solcher Kabinenlift bislang einzigartig am Markt.

New Holland für die erste automatische Mähdreschereinstellung: Der „vorausschauende Mähdrescher“ optimiert in Echtzeit die Einstellungen selbst, noch bevor das Schneidwerk das Erntegut schneidet und aufnimmt. Zunächst werden die Druschfrucht­erträge, die Topographie des Schlages sowie die Einstellparameter des Mähdreschers georeferenziert gespeichert.

John Deere für „EZ Ballast Wheels“: vereinfachen entscheidend den gefährlichen und zeit­intensiven Wechsel des Radballastes mit Frontgewichten. Ein schneller Wechsel ist auch durch eine Einzelperson möglich.

Die weiteren Silbermedaillen-Gewinner der Agritechnica 2017 werden in
BIL 11/17 vorgestellt.
www.agritechnica.de