GMEINER MEINT

Foto: Daniela Koeppl

Selbst ist der Bauer

Es wurde brav in den Medien rapportiert, ganz ohne jeden Aufschrei: „Brau Union erhöht Bierpreise ab 1. Dezember“. Die aktuelle Inflation, die Strompreise und die wachsenden Personalkosten würden erfordern, die Preise für den Gerstensaft um
2,5 Prozent anzuheben. Basta. Nicht einmal von der Arbeiterkammer war etwas zu hören.
Die Landwirtschaft kann davon nur träumen. Da mag man den Bauern gar nicht verargen, wenn Fantasien aufsteigen vom Einfluss des Werbegelds, von politischen Machenschaften und von Verschwörungstheorien. Denn wenn es um ihre Produkte geht, so empfinden es die Bauern, ist immer alles anders. Steigen die Milchpreise, gibt es dicke Schlagzeilen und viel Aufregung, steigen die Getreidepreise und die Fleischpreise, ist es genauso.
Ganz abgesehen davon, dass sie, respektive die Verarbeiter ihrer Produkte, ohnehin nicht in der Lage sind, so einfach wie ein Brauereiriese zu sagen, „Wir erhöhen jetzt die Preise“. Zu klein sind da selbst Unternehmen, die, wie etwa die Berglandmilch, den Bauern als Riesen gelten. Zu zersplittert ist das Angebot, zu schwach die Position gegenüber den Abnehmern, die es geschafft haben, die Lebensmittelerzeuger nicht nur mit der Übermacht auf dem Markt, sondern oft auch als Auftraggeber für die Produktion von Handelsmarken in Abhängigkeit und damit gefügig zu halten.
Dass es sich um unterschiedliche Märkte und unterschiedliche Kräfteverhältnisse handelt, mag erklären, warum sich die Brauer so leicht tun, und die Bauern als Bittsteller auftreten müssen.
Die Ursachen liegen wohl weit in der Vergangenheit, vor allem darin, dass man sowohl auf Seiten der Bauern, der Agrarpolitik als auch auf Verarbeiterseite viel zu lange nicht auf die Veränderungen auf den Märkten und im Handel reagiert hat. Starr, ideenlos und auch hilflos sah man zu, wie die Karten neu gemischt wurden. Zu lange hielt man an Vergangenem fest und produzierte immer weiter, wie man es gewohnt war, und konkurrenzierte sich, statt an einem Strang zu ziehen. Dass man sich damit gegenüber den Vermarktern mitunter zu nichts als Bittstellern degradierte, wollte man nicht erkennen. Und tut es oft immer noch nicht, unterfüttert mit viel Selbstmitleid und Ringen um Anerkennung, das mitunter einem Betteln gleicht.
Für die Landwirtschaft sind die großen Lebensmittel-Handelsketten das, was bei Bier Heineken und deren Konzernbetriebe, wie die Brau-Union, sind. Während dort der Weltkonzern auch den größten Händlern die Preise noch nach Belieben vorgeben kann, stellt es sich für die Bauern genau umgekehrt dar. Da können die Handelsketten mit ihrer Marktmacht die Bedingungen nach Belieben vorgeben.
Die Kräfteverhältnisse zu korrigieren, ist mühsam. Selbst Richtungen wie Bio, die gemeinhin als zukunfts­trächtig gelten, tun sich schwer. Bäuerliche Betriebe und Organisationen, die Preise vorgeben können und die auch keine Probleme haben, Preiserhöhungen durchzu­setzen, weil das Produkt stimmt, das sie anbieten, sind rar.
Aber es gibt sie. Daher sollte sich an ihnen orientieren, wer den Teufelskreis, in dem man sich gefangen sieht, durchbrechen will.
Sonst bleibt kaum anderes, als mit den Gegebenheiten, die viele als so unbefriedigend empfinden, zurechtzukommen.