GMEINER MEINT

Foto: Daniela Koeppl

Ein Problem, das nicht vom Himmel fiel

Seit Wochen herrscht rund um die heimische Biolandwirtschaft, respektive um die EU-Bioverordnung und ihre Folgen für Österreich, hektische Betriebsamkeit. Papiere da, Nachrichten von Gesprächen dort, Pressekonferenzen, sogar der EU-Agrarkommissar wurde auf einen Biobauernhof ins Burgenland gelotst.
Offiziell tut man alles, um Aktivität zu zeigen und Einsatz für die Biobauern, die mit der Weidepflicht, wie sie die EU nun unter Berufung auf mehr als ein Jahrzehnt gültige Vorschriften verlangt, in mitunter existenzielle Schwierigkeiten kommen. „Wir arbeiten gemeinsam an praxistauglichen Lösungen“, heißt es von der Landwirtschaftsministerin bis hin zur Bio Austria.
Aber all das Getöse, das nun gemacht wird, kann nicht verbergen, dass die Performance der Agrarier rund um die EU-Prüfung in Österreich, bei dem neben anderem auch der lockere Umgang mit den Weidevorschriften beanstandet wurde, sehr überschaubar ist. Die EU-Bioverordnung hat man von Anfang unterschätzt und man hat sich allerorten darauf verlassen, dass man das auf die gute österreichische Art wieder hinkriegt. „Man hat vielleicht zu lange weggeschaut“, sagen inzwischen nicht nur notorische Kritiker der Gepflogenheiten der heimischen Agrarpolitik und Vertretung.
Denn das Problem ist nicht, wie man immer noch gerne den Eindruck zu erwecken versucht, einfach vom Himmel gefallen. Es ist seit Jahren bekannt. Die EU-Kontrolleure waren 2017 im Land, und spätestens seither wusste man um den Handlungsbedarf. Dass die offizielle Beanstandung erst im Herbst des vergangenen Jahres in Wien ankam, ist da nur eine schwache Ausrede, die nun vielen Bauern zum Verhängnis wird, die vielleicht längst reagieren hätten können, wenn sie nur etwas davon geahnt hätten, dass etwas im Busch ist.
Der Rückblick zeigt auch, dass die heimischen Agrarier, respektive auch die Bio-Vertreter, das Problem Weidehaltung nie auf dem Radar, geschweige denn auf der Agenda hatten. Nicht bei der Umsetzung der Verordnung aus dem Jahr 2008, die jetzt für so viel Wirbel sorgt. Und auch nicht bei der Diskussion um die Gestaltung der neuen EU-Bioverordnung, die ab 2021 in Kraft tritt, und längst beschlossen, die bestehende Regelung nur fortschreibt. Die Frage stellt sich: Hat man das Thema schlicht übersehen oder hat man es falsch eingeschätzt?
Faktum ist, dass „unpraktikable Kontroll- und Berichtsvorgaben“, „Unklarheiten in Bezug auf Tierzukäufe und Umstellung auf biologische Produktion“ und die Absicht, den Biobauern die Verantwortung für Verunreinigungen durch Pflanzenschutzmittel in die Schuhe zu schieben, in den Stellungnahmen von Bio-Austria immer ganz oben standen. Nie aber war die Rede von der Weideverpflichtung. Dass sich die Obfrau von Bio Austria nach der Einigung auf die neue Beiordnung selbst dafür lobte, dass es gelungen sei, dem ursprünglichen Entwurf der EU-Kommission „die Giftzähne“ zu ziehen, nimmt sich angesichts des nunmehrigen Palawatschs, gelinde gesagt, seltsam aus.
Aber sei’s drum. Die Biobauern brauchen möglichst rasch Klarheit. Sie können nur hoffen, dass das, was sie derzeit von allen Seiten an Versprechungen geboten bekommen, auch Wirklichkeit wird.