GMEINER MEINT

Foto: Daniela Koeppl

Die Stunde der Bauern – oder doch nicht?

Es zeigt sich, dass in dieser Krise die österreichische Landwirtschaft ganz gut aufgestellt ist und Bemerkenswertes leistet. Das sagen nicht nur der Bauernbund, die AMA, die Hagelversicherung und all die anderen, die den Bauern mit Inseraten zur Seite stehen und die Bevölkerung auf die Leistungen der Landwirtschaft aufmerksam machen und wohl dafür auch ein bisschen gelobt werden wollen. Das sagen auch unvoreingenommene Beobachter, wie Franz Sinabell vom österreichischen Wirtschaftsforschungsinstitut, einer der wichtigsten Agrarexperten im Land. „Es geht derzeit viel den Bach hinunter und viel funktioniert nicht, da darf man nicht aus dem Blick verlieren, was die Landwirtschaft leistet, die die Versorgung mit Lebensmitteln aufrecht hält.“
In diesen Wochen zeigt sich in der Tat wie kaum je zuvor, wozu die Landwirtschaft aber auch die Lebensmittelverarbeiter in diesem Land fähig sind. Im Verein mit einer umsichtigen Agrarpolitik, „in der Leute wissen, was zu tun ist“, wie Sinabell das formuliert, kamen die Bauern bisher überraschend gut durch die Krise.
Freilich erwischte es manche Zweige wie die Rinderhalter schwer und es zeichnen sich, wie etwa bei Milch oder auch bei Schweinen oder bei Betrieben, die auf Gastronomie und Fremdenverkehr setzen, zunehmend Probleme ab. Dennoch kann die Landwirtschaft bisher eine passable Zwischenbilanz ziehen.
Die Bauern haben die Dinge einigermaßen im Griff. Gerade in diesen schwierigen Zeiten zeigen sich die Stärken von Familienbetrieben. Man hilft einander in der Familie, steht zusammen und ist bereit, viel auf sich zu nehmen, wenn Krisen wie die jetzige zu bewältigen sind. Das macht Österreichs Landwirtschaft viel stärker und flexibler als man gemeinhin gerne annimmt und es macht sie widerstandsfähig in Situationen, wie wir sie derzeit erleben.
Dennoch müssen sich die Bauern auch in dieser schwierigen Situation mit Themen herumschlagen, die nichts als Ärger und Wut aufsteigen lassen. Etwa damit, dass der Lebensmittelhandel die Sticheleien nicht lassen kann. „Es geht munter weiter“, klagen dieser Tage viele Landwirte und auch Bauernvertreter. „Milch und Butter zu Schleuderpreisen, Kartoffel verschweißt im Plastiksack aus Ägypten, Heidelbeeren aus Argentinien, Avocados aus Peru, Spargel aus Griechenland und und und“ ärgert man sich über Spar, Rewe, Hofer und Co. „Und die bewerben das auch noch und loben sich selbst als Sicherer der Lebensmittelversorgung in der Krise“.
Nicht anders ist es bei den unverminderten Holzimporten, die auf die Preise drücken, während bei uns viele Wälder vom Borkenkäfer gefressen werden und die Forstwirte nicht mehr wissen, wohin mit dem Schadholz. Da nimmt nicht Wunder, dass manchem die Zornesader schwillt, wenn in der Zeitung ein Holzverarbeiter die Importe lapidar mit dem Hinweis darauf verteidigt, dass er für die Lärche, die er in Tschechien kaufte, Fichte dazunehmen musste, „weil auch die Tschechen Käferprobleme haben“.
Das tut weh. Ohne Frage. Aber es bewahrt vor Illusionen. Und das lässt daran zweifeln, dass für die Land- und Forstwirtschaft nach Corona etwas anders wird, obwohl ihr jetzt von allen Seiten Anerkennung entgegengebracht wird.