GMEINER MEINT

Foto: Daniela Koeppl

Der Bauer und seine Freiheit

Die Bauerneinkommen sind im vorigen Jahr um 20 Prozent gestiegen. Entsprechend fielen die Schlagzeilen in den Medien aus. „Trotz Krise hohe Profite für Bauern“, hieß es. Oder „Bauern haben reiche Ernte eingefahren“. Die Bauern mögen sowas gar nicht. Und freuen darüber geht schon überhaupt nicht. Man kennt das. Da verkneifen sich selbst die Agrarpolitiker, selten verlegen, sich in ein gutes Licht zu setzen, jeden positiven Satz. Ein „kurzfristiges Luft­holen“ sei das gewesen, um im nächsten Satz darauf zu verweisen, dass damit die Einkommen eigentlich auf dem Niveau von 2007 liegen. Dass das nicht einer gewissen Pikanterie entbehrt, zumal man in all diesen Jahren seither und noch viel länger in diesem Land für die Agrarpolitik verantwortlich ist, wird geflissentlich ignoriert.
Die Fakten stimmen freilich, die Landwirtschaft hinkt trotz dickem Plus hintennach. Aber 2022 liegt inzwischen schon weit hinter den Bauern, und 2023 macht große Sorgen. Die Situation heuer ist in der Tat schwierig. Die Produktpreise gehen in vielen Sparten wieder zurück, die Betriebsmittel sind immer noch teuer. Viele haben noch teuren Diesel in den Tanks und für den Dünger Preise gezahlt, für die sie heute fast die doppelte Menge kriegen würden. Das Umfeld ist unsicher und was kommen wird, ist schwer abzuschätzen. Die Herausforderungen sind groß.
Aber so ist das Unternehmerleben, das Leben vom „freien Bauern“, das so viele leben wollen. Da ist ein solches Auf und Ab normal. Dennoch sind gerade jetzt von denen die meisten Klagen zu hören, die am lautesten den „freien Bauern“ und alles, was ihrer Meinung nach dazugehört, beschwören. Sie kühlen ihr Mütchen an der
Agrarpolitik und können gar nicht genug kriegen, für alles und jedes Unterstützung und Ausgleich zu fordern.
Die Herausforderungen sind fraglos groß, das Umfeld rau und die Position der Landwirtschaft in der Gesellschaft und im wirtschaftlichen Umfeld bei weitem nicht die, die man gerne hätte und von der man meint, dass sie der Landwirtschaft zusteht. Da kann man noch so viel über fehlendes Verständnis klagen, es wird wohl nicht anders werden.
Die Herausforderung ist, unter den gegebenen Umständen etwas zu erreichen. Die Bauern sind nicht mehr oder weniger Passagier auf den Märkten als alle anderen auch. Einfach ist es nirgendwo. Man frage nur bei Unternehmern nach und womit die tagtäglich zurechtkommen müssen – inklusive der Kontrollen und des Kontrollwahns.
Vielen Bauern gelingt es, mit diesen Herausforderungen zurecht zu kommen. Sie zeigen, was auch unter schwierigen Bedingungen möglich ist. Auch weil sie die Herausforderung angenommen haben und aus der Vergangenheit ihre Lektion gelernt haben. Und auch, weil sie das alte, auf Österreichs Höfen immer noch weit verbreitete und von Selbstmitleid geprägte Denken, das sich so oft in nichts denn als Jammern äußert und sich oft ausschließlich an der Höhe der Förderungen orientiert, hinter sich gelassen haben. Sie begreifen Landwirtschaft nicht als Last, sondern als Chance.
Als eine Chance, die nicht jeder hat. Als eine Chance, „freier Bauer“ zu sein.