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Ethanol auch als Dieselersatz lässt Agrana hoffen

Ethanol könnte einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten. An der TU Wien wurde ein Motor entwickelt, der sowohl mit Diesel als auch mit über 70 Prozent Bioethanol betrieben werden kann. In Österreichs Klimastrategie kommt der Biosprit indes kaum vor.

Seit genau zehn Jahren betreibt die Agrana Österreichs bislang einzige Bioethanol-Raffinerie in Pischelsdorf. Sie erzeugt dort in großem Stil aus Feldfrüchten Biosprit als umweltfreundlichen Benzin-Ersatz für klimaschädliches Erdöl. Bis maximal 5 Prozent darf Bioethanol dem Benzin beigemischt werden. Ein technisch möglicher E 10-Kraftstoffanteil, also 10 Prozent Ethanol in Autotanks, wurde von der Erdöllobby schon vor Jahren hintertrieben und von der Politik in Österreich untersagt.

Für die Umwelt und auch für Agrana war das ein herber Schlag. „Wir produzieren genug davon auch für E 10, weshalb wir 60 Prozent unseres Ethanols ins Ausland verbringen müssen. Damit werden auch 60 Prozent unseres Einsparpotentials bei Treibhausgasen anderen Ländern zugeschrieben. Bei 20 Euro pro Tonne sind das allein vier Millionen Euro pro Jahr“, kritisiert Agrana-Boss Johann Marihart.

Als Nebenprodukt von Ethanol, produziert ausschließlich aus Überschuss-Futtergetreide, fällt zudem wertvolles Eiweißfutter für Nutztiere an. 200.000 Tonnen davon würden die Eiweißfutterlücke in Österreich und damit Importe von Gensojaschrot aus Übersee beträchtlich verringern. „Aber all diese Zusammenhänge werden auch von der Politik oft zu wenig verstanden“, ärgert sich der Konzernmanager.

Anfang Oktober verlautete erneut aus dem Umweltbundesamt, „Österreich sollte seine Emissionen um 36 Prozent reduzieren, damit die Klimaziele von Paris bis 2030 umgesetzt werden können.“

Wenige Tage zuvor ließ Verkehrsminister Norbert Hofer wissen, er plane schnelleres Fahren mit 140 km/h künftig nicht nur auf zwei ersten Teststrecken, sondern bald auf zwei drittel aller Autobahnen. Und auch vom „Luft-Hunderter“-Einschränkung auf ausgewiesenen Abschnitten zur Emissionsvermeidung halte er nur wenig.

Österreichs Umwelt- und Nachhaltigkeitsministerin Elisabeth Köstinger dagegen setzt voll auf „Anreizsysteme für E-Mobilität“, bis dato ein Minderheitenprogramm. Die Ministerin will Busspuren für E-Autos öffnen und räumt diesen auch höhere Geschwindigkeiten ein, wenn andere Verkehrsteilnehmer vor allem aus Umweltgründen Tempolimits beachten müssen.

Aufhorchen lässt indes ein neuer Motor, der von Universitätsprofessor Bernhard Gehringer und seinem Team an der Technischen Universität konzipiert wurde. Danke eines speziellen Dual-Fuel-Brennverfahrens verwendet der Motor sowohl Bio-Ethanol als auch Diesel, der zum Zünden verwendet wird. Diese Technologie ermögliche erstmals in Dieselmotoren die Verwendung eines großen Bio-Ethanol-Anteils, steigere zudem die Motoreffizienz und verringere den CO2-Schadstoffausstoß um bis zu 39 Prozent, heißt es.

„Diese Erfindung hat sicher einiges Potential“, meint auch Johann Marihart und verweist neben PKW-Motoren allein auf 7 Millionen Tonnen Dieselbedarf von LKW-Motoren, „die wohl kaum mit E-Motoren ersetzt werden können.“

Noch schneller und ohne Umrüstung über die ganze Benziner-Flotte CO2 und Feinstaub einsparen ließe sich mit E10. „Das bringt sofort 20 Prozent weniger Feinstaub, E 20 sogar bis zu 61 Prozent weniger, mag die Schüssel auch noch so alt sein“, verweist der Wirtschaftsboss auf aktuelle TU-Studien.

Ein Gebot der Stunde sei die rasche Einführung von E10 auch aus einem weiteren Grund: 2020 ist für die EU ein Referenzjahr für ihre „Renewable Energy Directive“ RED II. „Wenn wir unsere Produktion nicht ausweiten, gilt die in diesem Jahr erzeugte Menge für Österreich als Deckel bis 2030.“ Und das Thema Bioethanol werde in einige Jahren wohl drängender gesehen werden als derzeit, meint Marihart.

BERNHARD WEBER