Biomethan im Gasnetz „braucht Anreize der Politik“
Eine vom Österreichischen Biomasseverband (ÖBMV) und dem Fachverband Gas Wärme (FGW) beauftragte „Machbarkeitsuntersuchung Methan aus Biomasse“ der Bioenergy 2020+ sieht für 2050 ein Potenzial für die Herstellung von 4 Mrd. m3 erneuerbarem Gas aus Biomasse gegeben. „Damit könnten neben den gasversorgten Haushalten auch Industriebetriebe, Kraftwerke sowie der Mobilitätssektor mit 100% erneuerbarem Gas versorgt werden“, sieht FGW-Obmann Peter Weinelt darin auch „einen wichtigen Zukunftsmarkt für land- und forstwirtschaftliche Rest- und Nebenprodukte“. Damit verbunden wären ferner positive Effekte auf die Reduktion von klimaschädlichen Gasen: Nur eine halbe Mrd. m3 erneuerbares Gas im Gasnetz würde die CO2-Emissionen um 1 Mio. t senken.
„Durch die zunehmende Beimischung von erneuerbarem Gas ins Gasnetz helfen wir, die Importabhängigkeit von fossilen Energieträgern zu reduzieren und durch die Nutzung der gesamten bestehenden Gasinfrastruktur die Energiewende leistbar zu machen“, so Weinelt weiter. Die EU-Kommission habe in ihren Empfehlungen zum Entwurf des nationalen Energie- und Klimaplans unter anderen auch eine stärkere Berücksichtigung der Leistbarkeit, konkretere Maßnahmen im Wärmesektor sowie eine stärkere Diversifizierung der Energiequellen angesprochen.
Für ÖBMV-Präsident Franz Titschenbacher legt die Studie einmal mehr dar, „dass ausreichend Potenziale an Biomasse für verschiedene Anwendungsbereiche vorhanden sind – Biomethan aus Biomasse ist als Rohstoff ein wesentlicher Baustein für die industrielle Produktion der Zukunft und somit ein zentraler Eckpfeiler der Bioökonomie“. Österreich sei aufgrund ungenutzter Reserven weit davon entfernt, an Nachhaltigkeitsgrenzen zu stoßen: „Durch die vom Klimawandel ausgelösten Borkenkäferkatastrophen, Windwürfe und Schneebrüche sind enorme Schadholzmengen am Markt, die dringend verarbeitet werden müssen. Diese Mengen sind in der Machbarkeitsstudie – die auf die langfristige und kontinuierliche Bereitstellung von Biomasse abzielt – noch gar nicht berücksichtigt.“
Titschenbacher zufolge birgt Biomethan einen weiteren großen Vorteil: „Das Gasnetz bietet Kunden abseits der Nah- und Fernwärmenetze und Verbrauchern ohne Möglichkeit der Installation eines Pellet- oder Hackgutkessels die Versorgung mit Bioenergie. Die Produktion von Spitzenlast und der Einsatz von Biomethan in der Mobilität sind weitere prioritäre Einsatzgebiete für den Biomasse-Verband.“
Für die Erstellung des Szenarios wurden die aktuelle Nutzung ausgewählter Biomassen und deren Potenziale bis 2050 untersucht. „Der Fokus lag auf einem realistischen Szenario, das Konkurrenzen mit aktuellen stofflichen und energetischen Nutzungen vermeidet und bei keinem der untersuchten Biomassen über die Nachhaltigkeitsgrenzen geht“, erläutert Studienautor Christoph Strasser. In Summe beziffert er die Reststoffe aus Biomasseprodukten, die der land- und forstwirtschaftlichen Kreislaufwirtschaft entnommen und für die Gaserzeugung genutzt werden können, mit knapp 10 Mio. t Trockensubstanz. Weitere 7 Mio. t ergeben sich durch den effizienteren Einsatz bestehender Potenziale und Verlagerungen bei bestehenden Verwertungs- beziehungsweise Entsorgungsschienen, wobei „sichergestellt ist, dass keine für die Lebensmittelerzeugung notwendigen Ressourcen verwendet werden“.
Möglich werde die Erschließung dieser Potenziale auf Basis fester Biomasse durch die an der TU Wien entwickelte Vergasertechnologie. Dabei wird Biomasse unter kontrollierten Bedingungen auf etwa 900 °C erhitzt, das dabei entstehende erneuerbare Gas wird aufbereitet sowie gereinigt und kann gleich wie fossiles Gas zur Erzeugung von Biomethan, Treibstoffen, Wasserstoff oder anderen Bioökonomieprodukten aufbereitet werden. „Zur tatsächlichen Realisierung der Potenziale ist ein Bündel an Maßnahmen notwendig. Das beginnt bei der Reduktion der Flächenversiegelung und endet bei der Erforschung wesentlicher Detailfragen im Praxisbetrieb der Anlagen: Themen sind hier etwa Logistik, die Preisstabilität beim Einsatz verschiedener Reststoffe, aber auch der Einsatz des Biomethans in unterschiedlichen Anwendungen“, so Strasser.
Um dieses Einsparungspotenzial heben zu können, fordern Weinelt und Titschenbacher entsprechende Anreize der Politik, beispielsweise Begünstigungen für erneuerbares Gas im Rahmen der geplanten Steuerreform sowie die Verankerung eines marktbasierten Fördermodells. „Wir brauchen stabile Rahmenbedingungen, um die Technologie in den Markt zu bringen und unsere weltweite Vorreiterrolle auf diesem Gebiet nicht zu verlieren“, ergänzt Strasser.
Um die Klimaziele zu erreichen, könne erneuerbares Gas – entsprechende Rahmenbedingungen für Investitionen vorausgesetzt – eine Schlüsselrolle im Energiemix der Zukunft spielen, da bereits bestehende Netz- und Speicherinfrastruktur genutzt wird. Zusätzlich könne erneuerbares Gas aus Wind, Photovoltaik oder Wasserkraft als Energiespeicher fungieren und so große Energiemengen vom Sommer in das Winterhalbjahr transferieren. Einig ist man sich auch beim sparsamen Umgang mit der wertvollen Ressource Biomethan: „Die Potenziale sind groß, aber trotzdem begrenzt. Wollen wir die Gasversorgung bis 2050 zu 100% auf erneuerbares Gas umstellen, dann muss auch der Verbrauch in Summe gesenkt werden.“