Biomasseverband: Wiener brauchen die wenigste Energie
Der Österreichische Biomasse-Verband hat den „Atlas der Bioenergie Österreich“ veröffentlicht und darin die Bundesländer einem Energiewende-Vergleich unterzogen. Darin zeichnet sich Wien durch den geringsten Energieverbrauch und den kleinsten CO2-Ausstoß pro Kopf aus. Hoch ist allerdings die Abhängigkeit von fossilen Rohstoffen und Energieimporten, der Anteil Erneuerbarer ist mit Abstand der kleinste in Österreich.
Obwohl Wien mit fast 1,8 Mio. Einwohnern das bevölkerungsreichste Bundesland ist, beträgt sein Energieverbrauch nicht einmal die Hälfte des Wertes der wesentlich stärker industrialisierten Bundesländer Ober- oder Niederösterreich. Im Bundesländer-Vergleich verbrauchen die Wiener mit Abstand die wenigste Energie. 83 Gigajoule (23.000 kWh) pro Kopf sind nur die Hälfte des Energieverbrauchs eines Durchschnittsösterreichers.
Die Treibhausgasemissionen Wiens sind von 1990 bis 2014 um 5% auf 7,8 Mio. t CO2-Äquivalent gesunken. Obwohl 21% der österreichischen Bevölkerung in der Bundeshauptstadt leben, beträgt ihr Anteil an den gesamten Emissionen Österreichs nur 10%. Die Pro-Kopf-Emissionen Wiens sind die niedrigsten in Österreich und betragen mit 4,4 t CO2 nicht einmal die Hälfte des heimischen Schnitts von 8,9 t. Hauptverursacher der Wiener Treibhausgasemissionen sind die Sektoren Verkehr (43%), Energie (20%) und Gebäude (17%).
Der Anteil erneuerbarer Energien am Gesamtverbrauch beträgt in Wien gerade einmal 11%, das ist mit Abstand der niedrigste Wert in Österreich (Bundesschnitt: 33%). Beim Pro-Kopf-Einsatz Erneuerbarer liegen die Wiener mit 9,4 Gigajoule abgeschlagen an letzter Stelle.
Die Energieversorgung Wiens wird von Erdgas (für Strom und Wärme) und Erdöl (im Verkehrssektor) beherrscht. Der Erdgas-Anteil ist in Wien mit 36% höher als in jedem anderen Bundesland. Dazu kommen 34% Erdöl und 13% Stromimporte. Da die Fossilenergien komplett aus dem Ausland bezogen werden, ist Wien zu 87% von Energieimporten abhängig – auch das ist ein Negativrekord unter den Bundesländern.
Obwohl der Anteil von Bioenergie am Energieverbrauch nur 8% (bundesweit 17%) erreicht, ist Bioenergie in Wien mit einem Beitrag von 72% unter den erneuerbaren Energieträgern der bedeutendste. Ohne Bioenergie würde der Anteil erneuerbarer Energien in Wien statt 11% gerade einmal 3,2% betragen. Das würde dem Niveau von Luxemburg und Malta, den Erneuerbaren-Schlusslichtern in der EU, entsprechen.
Erdgaskessel sind beim Raumwärmeverbrauch in Wien so dominant wie in keinem anderen Bundesland: Sie nehmen einen Anteil von 57% ein. 31% der Raumwärme werden durch Fernwärme (überwiegend auf Basis Erdgas) gedeckt. Holzbrennstoffe bringen es mit einer Steigerung um mehr als 60% über die letzten zehn Jahren auf einen Beitrag von 4,3% und liegen damit vor Heizöl (2,3%).
Von der Anzahl der Haushalte her befindet sich Erdgas mit 405.000 Einheiten (2003/04: 431.000 Stück) an erster Stelle vor Fernwärme mit 384.000 Haushalten. Seit 2003/04 sind in Wien nahezu 125.000 neue Fernwärmeanschlüsse installiert worden. Die Zahl der Haushalte mit Biomassekesseln hat sich in den letzten zehn Jahren von 9.800 auf knapp 17.000 erhöht. Die Anzahl der Ölheizungen ist im gleichen Zeitraum von 57.000 auf 13.000 gesunken. Wärmepumpen oder Solarthermie gibt es erst bei 8.000 Haushalten in der Bundeshauptstadt.
Wien nutzt etwa ein Viertel der gesamten Fernwärme Österreichs. Die Wiener Fernwärme basiert zu zwei Dritteln auf Erdgas, daher erreicht die Stadt nur einen Anteil erneuerbarer Fernwärme von 13%. Für den hohen Anteil brennbarer Abfälle (17%) sind die Wiener Müllverbrennungsanlagen verantwortlich. Das Waldbiomassekraftwerk in Simmering beliefert 12.000 Wiener Haushalte mit Biowärme.
Während andere Bundesländer Stromüberschüsse produzieren, importiert Wien 55% seines Aufkommens (vor allem aus Deutschland und Tschechien). Vom 70%igen Ökostromanteil der Republik ist die Stadt weit entfernt: Gerade 15% des Wiener Stroms stammen (Berechnung laut EU-Richtlinie) aus erneuerbaren Quellen. Bei der eigenen Erzeugung nimmt Erdgas mit 30% den größten Anteil ein. Mit 11% des Stromaufkommens ist die Wasserkraft bedeutendster Grünstromproduzent Wiens. Dahinter folgt die Biomasse mit 1,8%, was zu einem Großteil dem größten Biomassekraftwerk Österreichs in Simmering zuzuschreiben ist. Die Photovoltaik trägt 0,4% zum Wiener Stromaufkommen bei, die Windkraft 0,1%.