Grüne fordern Kälbermast möglichst vor Ort
Jedes Jahr werden in Österreich tausende Kälber lebend und unter qualvollen Bedingungen in das EU-Ausland und in Drittstaaten exportiert. Gleichzeitig wurde 2018 das Fleisch von 115.516 Kälbern aus dem EU-Ausland nach Österreich importiert – Tendenz steigend. Dabei könnte der Bedarf an Kalbsfleisch durch österreichische Kälber gedeckt werden. Im Februar 2020 deckten Animals International und der Verein gegen Tierfabriken mit Videomaterial auf, dass österreichische Kälber weiterhin in Drittstaaten, wie den Libanon exportiert und grausam geschlachtet werden.
Thomas Waitz, EU-Abgeordneter der Grünen und Mitglied im Tiertransport Untersuchungsausschuss des Europäischen Parlaments, hat 2020 den Weg der Kälber aus Österreich verfolgt und filmisch dokumentiert. In der 13-minütigen Minireportage zeigt Thomas Waitz einen Teil der Kälberreise auf und zeichnet ein Bild der industriellen Agrarpolitik, in der es billiger ist, Fleisch nach Österreich zu importieren, als Tiere regional aufzuziehen, zu mästen und zu schlachten. Neben Stopps in Bergheim, Bozen (Italien) und der Hafenstadt Rasa (Kroatien) war es ursprünglich geplant, den Transporter bis nach Vic, Spanien nachzuverfolgen. Aufgrund der Covid-19-Krise und den Reisebeschränkungen musste er die Reise in Bozen abbrechen. 2021 wird er versuchen, die Reise nach Spanien fortzusetzen, sowie Transporte nach Russland über Usbekistan zu dokumentieren.
Der Sortierstall in Bergheim von der Erzeugergemeinschaft Salzburger Rind ist die größte Sammelstelle für österreichische Kälber, die für den Verkauf bestimmt sind. Die Kälber werden vom Sortierstall aus weiterverkauft. Die Firma Bozen Import exportiert Kälber von Österreich nach Italien und Spanien. In Vic in Spanien werden die Kälber an die Firma “Vilarta” weiterverkauft. Auf ihrer Homepage listet Vilarta folgende Länder als Abnehmerländer: Frankreich, Marokko, Libanon. Der EuGH hat in einem Urteil 2015 klar gemacht, dass Lebendtransporte in Drittstaaten nur möglich sind, wenn die EU-Tierschutzbestimmungen vor Ort auch eingehalten werden können. Dies ist absolut nicht möglich und verstößt daher klar gegen EU-Recht. Die Mitgliedstaaten sind hier gefragt, Kontrollen, Strafen und Gesetze klar einzuhalten und umzusetzen.
Österreichs Landwirtschaft ist sehr stark auf Milchproduktion ausgelegt. Der österreichische Milchpreis ist vergleichsweise hoch. Das führt dazu, dass vor allem Milchkälber sehr jung verkauft werden, da es zu teuer wäre, das Kalb mehrere Monate lang mit der Milch der Mutter zu ernähren.
Ein Kernproblem bei Kalbsfleisch, ist die Erwartungshaltung der Konsumenten, des Handels und der Gastronomie, dass Kalbfleisch weiß zu sein hat. Dabei ist das Ausbleiben der typischen Rotfärbung, wie bei Rindfleisch, ein Zeichen von Mangelernährung ist. Weißes Kalbsfleisch entsteht durch Eisenmangel, wenn den Tieren jede Art von Raufutter sowie Sonnenlicht und Bewegung vorenthalten wird. Die Kälber entwickeln aufgrund des Bewegungsmangels und der artwidrigen Ernährungsweise schmerzhafte Magengeschwüre.
Um die Nachfrage in der österreichischen Gastronomie nach billigem und weißem Kalbsfleisch decken zu können, werden vor allem Kälber aus den Niederlanden importiert. In industrialisierten Mastbetrieben werden dort tausende Kälber mit auf Palmöl basierendem Milchaustauscher und Importfutter in kürzester Geschwindigkeit hochgemästet und mit billigem Soja aus Südamerika gefüttert. Das führt wiederum dazu, dass große Flächen Regenwald für den Sojaanbau gerodet werden. Insgesamt ist die EU-Agrarpolitik auf eine industrielle Produktion für den Weltmarkt aufgestellt, anstatt regionale Versorgung abzudecken. Dies führt zu einem Teufelskreis von Umweltzerstörung und regionaler Arbeits-Ausbeutung in der EU (siehe Schlachtfabriken), aber auch Ausbeutung von Landarbeitern, sowie dem Hofsterben von kleinen, naturnahen Betrieben, die durch den internationalen Preisdruck zum Aufgeben gezwungen ist. Gerade die Covid-19-Krise, aber auch die Klimakrise, zeigen uns, dass wir unsere Lebensmittelversorgung dringend auf eine regionale und nachhaltige Produktionskette umstellen müssen.
Um unnötige Kälbertransporte zu verhindern, müssen Bedingungen geschaffen werden, österreichische Kälber auf dem heimischen Markt verkaufen zu können:
– Verbot von Langstreckentransporten nicht von Muttermilch entwöhnter Tiere
– Herkunftskennzeichnung für Fleisch, Eier und Milch in der Gastronomie
– Werbeoffensive für rosa Kalbfleisch, um ein Bewusstsein bei Konsumenten zu schaffen
– Exportverbot von Lebendtieren in Drittstaaten, wie z.B. Libanon, Russland oder Marokko
– Reform der Tiertransportverordnung 2005 und auch die Einhaltung, strengere Kontrollen der jetzigen Ruhe- und Transportbestimmungen
– Förderung von regionaler Produktion, Direktverkauf und kürzeren Transportwegen
– Förderung von lokalen Schlachtmethoden wie Weideschlachtungen und Schlachtung am Hof