„No Deal“ bei Brexit rückt näher
Die Gefahr eines ungeregelten Ausstiegs des Vereinigten Königreichs steigt. Vor katastrophalen Folgen für den britischen Agrarsektor warnt die National Farmers Union (NFU). „Wir haben schon mehrfach darauf hingewiesen, dass ein No-Deal eine Katastrophe für die Landwirte ist“, empörte sich NFU-Präsidentin Minette Batters über die jüngsten Entwicklungen in London. Zweieinhalb Jahre nach dem Referendum und kurz vor dem Austritt werde der Agrarsektor weiterhin im Ungewissen gelassen. Vor den Folgen eines ungeregelten Ausstiegs warnen auch britische Veterinäre. Wenn das Vereinigte Königreich ein Drittland für die EU ist, muss Fleisch wieder an der Grenze kontrolliert werden. Dazu reichen aber die Kapazitäten an Veterinären auf britischer Seite keinesfalls aus, weshalb mit heftigen Einbrüchen zu rechnen ist.
Derweil versucht die Premierministerin Theresa May das Steuer in letzter Minute noch herumzureißen. Zwar überstand May ein Misstrauensvotum ihrer eigenen Tory-Partei. Aber die 117 Tory-Abgeordneten, die für die Absetzung der Premierministerin gestimmt haben, dürfen sich am 21. Jänner auch gegen den Brexit-Vertrag aussprechen. Unterdessen warb May auf dem EU-Gipfel in Brüssel für Nachbesserungen am Austrittsvertrag in Bezug auf die irische Grenze. Der Austrittsvertrag besagt, dass auch ohne Abkommen die irische Grenze in jedem Fall offen bleiben muss. Die Regierung in London hat dem bereits zugestimmt. Aber wegen der starken Opposition im Parlament fordert May nun, dass der Notfallplan zeitlich befristet werden soll und die Briten ihn einseitig kündigen dürfen.
Das lehnten alle Staats- und Regierungschefs der 27 EU-Mitgliedstaaten im Vorfeld zum Brexit-Sondergipfel ab. Möglich sind nur Klarstellungen als Ergänzung zum Austrittsvertrag, etwa dass der Notfallplan nur im äußersten Fall gilt und möglichst schnell durch ein Freihandelsabkommen abgelöst werden soll. Es zeichnet sich aber jetzt schon ab, dass solche Erklärungen die Gegner des Austrittsvertrags kaum umstimmen werden. Deshalb bereiten sich beide Seiten verstärkt auf einen harten Brexit vor.