Foto: IG Pflanzenschutz

IG Pflanzenschutz befürchtet Aus für Kleinbauern

Vertreter der IG Pflanzenschutz warnen vor dem drohenden Ausstieg vieler kleinerer und mittlerer, konventionell produzierender Agrarbetriebe. Mit Schaufeldern will man daher wieder auf die Notwendigkeit von chemischem Pflanzenschutz aufmerksam machen. Heuer erstmals ohne Jungbauern. Dass auch Bundeskanzler Sebastian Kurz Vorbehalte gegen Glyphosat hegt und für ein rasches nationales Verbot eintritt, hält man bei der IGP ebenfalls für „beunruhigend“.

Der Druck auf die Landwirte werde immer stärker. Vielen Ackerbauern in Österreich gehe es heute wie einst Friedrich Torbergs „Schüler Gerber“, meint IGP-Obmann Christian Stockmar: „Obwohl Musterschüler in Sachen Ökologie und Nachhaltigkeit, werden sie durch immer neue Forderungen langsam gebrochen.“ Die Kampagnen von Umweltschutzorganisationen, gänzlich auf den Einsatz von Agrarchemie zu verzichten, erwirken zunehmend den Wegfall von innovativen Wirkstoffen sowie ökonomischen Betriebsmitteln und würden  indirekt auch den Strukturwandel beschleunigen.

Pflanzenschutz ohne agrochemische Mitteln führe auch zu teils „immensem Ertrags- und Qualitätsverlust“ im Ackerbau. Selbst mit Spritzmitteln fallen weltweit die Erträge um 30 Prozent geringer aus, so die IGP.

Ohne synthetische Wirkstoffe gegen Insekten, Krankheiten und Unkräuter seit mittel- bis langfristig in Österreich etwa der Anbau von Zuckerrüben massiv in Gefahr, wie auch die Bereitstellung von heimischem Saatgut. „Allein das Verbot von Neonicotinoiden verursacht bei Raps in der EU jedes Jahr einen Schaden von 900 Millionen Euro“ – sowie den vermehrten Einsatz von Pyretroiden, „was gar nicht nötig wäre“, sagt der Pflanzenschutzexperte von Bayer CS, Rudolf Purkhauser.

Die IGP versucht seit 2014 in Zusammenarbeit mit Ackerbauern, vor allem im Weinviertel, auf eigens angelegten Schaufeldern anschaulich zu zeigen, welche Folgen  ein Totalverzicht von Pestiziden auf Vergleichsflächen mit Weizen, Mais, Sonnenblumen oder Rüben hat. In den ersten drei Jahren mit an Bord bei der Aktion waren auch Österreichs Jungbauern. Die sind aber heuer wieder abgesprungen. Die Zusammenarbeit mit der Bauernbund-Jugend sei „eingeschlafen“, heißt es seitens der IGP.

Nichts desto trotz will man in der kommenden Anbausaison wieder mit rund 200 Schaufeldern samt Infotafeln, nun auch am Erdäpfelacker, Präsenz zeigen, um interessierte Bürger von der Notwendigkeit von chemischem Pflanzenschutz zu überzeugen.

Zudem hofft die IGP auf die im Regierungsprogramm von ÖVP und FPÖ erwähnte Sicherstellung der Selbstversorgung mit Agrarprodukten. Diese betrage bei den meisten Feldfrüchten gerade noch 80 Prozent, bei Gemüse, Obst und Pflanzenölen sogar weit weniger.

Eine echte Gefahr für das Angebot an Spritzmitteln sei dagegen die von den EU-Behörden angestrebte Umstellung der Wirkstoffzulassung „von risiko- auf gefahrenbasierenden Ansatz“, aktuell diskutiert rund um den umstrittenen Wirkstoff Glyphosat. „Das würde das Ende für 70 Prozent aller Spritzmittel bedeuten“, warnen die IGP-Vertreter.

„Beunruhigend“ sei hier zudem eine Stellungnahme von Bundeskanzler Kurz gewesen. Dieser hatte sich nur wenige Tage nach der Verlängerung von Glyphosat in der EU gegenüber der Kronenzeitung  für ein rasches Verbot des Wirkstoffes in Österreich ausgesprochen. „Das Restrisiko ist zu hoch“, meint der Kanzler. Dazu Stockmar: „Wir fordern Rechtssicherheit von den Behörden und auch das Bekenntnis dazu von der Politik.“

BERNHARD WEBER