Einspruch gegen Patent auf herkömmlichen Mais
Die internationale Koalition von Keine-Patente-auf-Saatgut! legt am 14. März 2023 Einspruch gegen ein Patent des Saatgutkonzerns KWS ein. Betroffen ist Mais –mit einer verbesserten Verdaulichkeit, der vor allem als Futtermittel genutzt werden soll. Das umstrittene Patent wurde vom Europäischen Patentamt (EPA) im Juni 2022 erteilt. KWS beansprucht darin Exklusivrechte auf Maispflanzen mit zufällig veränderten Genen, deren Ernte und die daraus hergestellten Futtermittel. Das Patent umfasst auch die Verwendung von natürlicherweise vorkommenden Genvarianten für die konventionelle Züchtung.
„Patente auf Saatgut behindern den Zugang zur biologischen Vielfalt und beenden die Freiheit in der traditionellen Pflanzenzucht. Damit gefährden die Konzerne die Grundlagen der Nahrungsmittelsicherheit in Europa“, sagt Katherine Dolan vom Verein ARCHE NOAH.
Das Patent EP3560330 ist rechtlich ein Präzedenzfall: Es ist das erste Patent, für dessen Erteilung die neue Regel 28(2) des Europäischen Patentübereinkommens (EPÜ) angewandt wurde, mit der Patente auf konventionell gezüchtete Pflanzen und Tiere eigentlich verhindert werden sollten. Trotz dieser neuen Regel geht das erteilte Patent über den Bereich der Patentierung gentechnischer Veränderungen hinaus und umfasst auch die Ergebnisse konventioneller Züchtung. Mit dem Einspruch will Keine-Patente-auf-Saatgut! eine Klärung der rechtlichen Situation erreichen, um die Vergabe derartiger Patente zu stoppen.
„Patentierbar sind nur technische Erfindungen, nicht aber die genetische Vielfalt und das Saatgut konventionell gezüchteter Pflanzen! Das Patentamt verstößt mit solchen Patenten auf Saatgut gegen seine eigenen Rechtsgrundlagen“, sagt Christoph Then für Keine-Patente-auf-Saatgut!.
Derzeit sieht das Europäische Patentamt auch zufällige genetische Variationen, wie sie beispielsweise durch UV-Strahlung (Sonnenlicht) ausgelöst werden, als technische Erfindungen an. Zuletzt gab es deutliche Signale, dass die Rechtsprechung des EPA korrigiert werden muss: So sprach sich der Bundesverband der Pflanzenzüchter (BDP) gegen Patente auf natürlicherweise vorkommende Genvarianten aus. In Österreich soll das nationale Patentrecht so geändert werden, dass zufällige Mutationen nicht länger als Erfindungen beansprucht werden können. Arche Noahfordert, dass auch der Verwaltungsrat des EPA, in dem Expert:innen der 39 Mitgliedsländer sitzen, sicherstellt, dass das Patentrecht korrekt ausgelegt wird.
Sollten die strittigen Patente nicht gestoppt werden, warnt Keine-Patente-auf-Saatgut! vor einem Stillstand in der traditionellen Züchtung. Bisher gilt: Konventionelle Pflanzenzüchter:innen können alle auf dem Markt befindlichen Sorten verwenden, um noch bessere Sorten zu züchten und zu vermarkten. Durch diese Freiheit entstand eine große Vielfalt an neuen Pflanzensorten. In Zukunft würden Züchter:innen eine Patentlizenz benötigen, um ihre eigenen Sorten zu vermarkten.
„Mittelständische Zuchtunternehmen geraten in neue Abhängigkeiten und werden mit großen rechtlichen Unsicherheiten und erheblichen Kosten konfrontiert. Unter diesen Bedingungen können nur die großen Konzerne überleben, die dann bestimmen, was angebaut und geerntet wird. Das würde auch für die bäuerlichen Betriebe in Europa und den Ländern des globalen Südens erhebliche Auswirkungen haben“, sagt Georg Janßen, Bundesgeschäftsführer der deutschen Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL).
„Nach dem Beschluss der österreichischen Patentrechtsnovelle könnte das KWS-Patent hier nicht mehr erteilt werden“, erklärt Katherine Dolan vom Verein Arche Noah. Mit der vorgeschlagenen Präzisierung der Definition von „im Wesentlichen biologischen Verfahren“, die und deren Ergebnisse von der Patentierbarkeit ausgeschlossen sind, wird das österreichische Patentgesetz zum Vorbild in Europa. „Die Klarstellung im österreichischen Patentrecht wird auf jeden Fall eine europäische Lösung vorantreiben, denn eine Diskrepanz zwischen der Auslegung des Europäischen Patentamts und der nationalen Gesetzgebung ist auf Dauer nicht haltbar“, ist Dolan überzeugt. Bis einer europäischen Lösung gefunden wird, wird die Patentrechtsnovelle die Wirkung europäischer Pflanzen-Patente wie das KWS-Patent in Österreich einschränken, damit Züchter:innen und Bäuer:innen Pflanzen mit der patentierten Eigenschaften uneingeschränkt beforschen und unter Umständen auch vermarkten dürfen.