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So wird in EU-Ländern kastriert

Ferkelkastration Mit dem baldigen Verbot der betäubungslosen Ferkelkastration in Deutschland befürchten dort viele Schweinebauern einen Wettbewerbsnachteil. Doch wie gehen die anderen EU-Länder damit um? Wir werfen einen Blick nach Holland, Frankreich, Spanien und Osteuropa. Österreich verschärft indes ab Oktober die Auflagen.

Ab 1. Jänner 2019 dürfen deutsche Ferkelerzeuger ihre Tiere nicht mehr ohne Betäubung kastrieren. Auf EU-Ebene gibt es dazu keine verbindliche gesetzliche Vorgabe. Der Interessensverband der deutschen Schweinehalter (ISN) hat nun recherchiert, wie die Praxis in anderen EU- und Nachbarländern aussieht, berichtet der Agrar-Onlinedienst agrarheute.de.

Niederlande In Holland gilt seit 2014 ein freiwilliger Verzicht auf die Kastration für den Inlandsmarkt. Alle anderen Ferkel werden von den Landwirten selbst unter CO2-Betäubung kastriert. Inzwischen gibt es in den Niederlanden bei den männlichen Schweinen 60 bis 70 Prozent Ebermast, ein Teil geht nach Großbritannien. 30 bis 40 Prozent der männlichen Ferkel werden von den Landwirten unter der von Tierschützern heftig kritisierten CO2-Betäubung kastriert.

Dänemark In Dänemark werden lediglich 5 Prozent der männlichen Schweine als Eber gemästet. Analog zu Deutschland erfolgt die Kastration überwiegend mit Schmerzmitteln. Politisches Interesse, auf die betäubungslose Kastration zu verzichten, bestehe in Dänemark zwar, mangels praktikabler Alternativen wird jedoch kein Verbot vorangetrieben, heißt es beim Verband der dänischen Schweineproduzenten. Wenn Deutschland die gesetzlichen Vorgaben ab 2019 auch im QS-System formuliert, werde man aber die Produktion entsprechend anpassen.

Frankreich Hier wird der überwiegende Teil der männlichen Ferkel freiwillig unter Schmerzmittelgabe kastriert. Ebermast und sonstige Verfahren werden zwar getestet, trotzdem liegt der Anteil je nach Quelle bei weniger als 10 bis 20 Prozent.
Spanien In Spanien setzt man zu 80 Prozent auf Ebermast. Für bestimmte Exportmärkte und die Schinkenproduktion findet sowohl bei weiblichen als auch männ­lichen Tieren die Immunokastra­tion Anwendung. Etwa 20 Prozent der Ferkel werden chirurgisch
kastriert.

Belgien Keine betäubungslose Kastration auch in Belgien. Über die Hälfte bis zwei Drittel der männlichen Ferkel werden unter Schmerzmittelgabe kastriert. Der Rest wird je nach abnehmender Handelskette zur Hälfte als Eber gemästet und in der Mast gegen Ebergeruch geimpft.

England/Irland In Großbritannien und Irland werden traditionell fast ausschließlich Eber gemästet.

Schweden Seit 2016 dürfen Schwedens Bauern nach einer Schulung ihre Ferkel zur Kastration selbst lokal betäuben. Vor der Einführung der Kastration unter lokaler Betäubung hat man die Wirksamkeit in einer großen Praxisstudie geprüft. Da Politiker und Tierschützer diesen Weg mittragen, hat Stockholm das Tierschutzgesetz angepasst.

Osteuropa In Tschechien, der Slowakei, Estland, Litauen, Slowenien, Ungarn und Polen werden laut ISN-Recherche Ferkel ohne Betäubung oder Schmerzmittelgabe kastriert.

Schweiz Verboten haben die Schweizer die betäubungslose Ferkelkastration, und das schon im Jahr 2010. Flächendeckendes Verfahren ist die Inhalationsnarkose mit Isofluran. Die Gesellschaft Schweizer Tierärztinnen und Tierärzte stuft die chirurgische Kastration generell als überholt ein und empfiehlt, auf die Immunokastration zurückzugreifen.

Norwegen Ähnlich wie in Schweden wird in Norwegen unter örtlicher Betäubung kastriert. Bereits seit 2002 ist die Kastration ohne Betäubung verboten. Eine aktuelle Umfrage schätzt den Anteil von Jungebermast und immunokastrierten Ferkeln in Norwegen auf unter 2 Prozent.

Österreich Der Anteil der Ebermast beträgt laut einer aktuellen Umfrage nur um die 5 Prozent, während der Großteil der männlichen Ferkel bis dato betäubungslos unter Einsatz von Schmerzmitteln chirurgisch kastriert wird. Die Kastration unter Narkose spielt eine untergeordnete Rolle.

Nach mehr als zweijährigen Verhandlungen wurde heuer aber die 1. Tierhaltungsverordnung novelliert. Sie tritt am 1. Oktober 2017 in Kraft. Der Einsatz wirksamer Schmerzmittel wird bei der Ferkelkastration wie auch beim Kupieren der Schwänze verpflichtend. Damit der Tierarzt dem Tierhalter das dafür notwendige Medikament zur Anwendung überlassen darf, muss der Betrieb Teilnehmer beim Tiergesundheitsdienst (TGD) sein und die Person, welche die Anwendung des Medikaments durchführt, den TGD-Grundkurs absolviert haben. Die Landwirtschaftskammern bieten dazu eigene Kurse an.