GMEINER MEINT

Gmeiner meint
Foto: Archiv

Das sprechende Schweinderl frisst die Bauern

Kein Sonntag, sondern ein Dienstag im Hochsommer war es. Und dennoch regte sich die Frau mächtig auf. Wild gestikulierend deutete sie in Richtung des Drescherfahrers, der neben ihrem Garten das Weizenfeld aberntete. Dass sie auch wild schimpfte, war deutlich zu sehen. Dabei ging kein Wind, der den Staub in ihre Richtung getrieben hätte, der Drescher war nicht lauter als üblich, eigentlich war alles so, wie es sein sollte. Aber dennoch schien sich die Dame, erst vor wenigen Jahren ins Dorf zugezogen, nicht einzukriegen.
Schon ein paar Tage zuvor kursierte auf Facebook ein Foto von Kindern, die den Mittelfinger in Richtung eines Mähdreschers streckten. Angestiftet waren sie angeblich vom Moderator einer Doku-Reihe im heimischen Privatfernsehen.
Gar nicht zu reden von all den Schwierigkeiten und Feindseligkeiten, denen sich Bauern im ganzen Land gegenübersehen, die Ställe planen oder andere größere bauliche Investitionen. Da ist die Stimmung oft so vergiftet, dass sich Bürgermeister und Gemeindevertreter auch dann nicht getrauen, ihre Zustimmung zu geben, wenn alle Vorschriften und Auflagen auf Punkt und Beistrich erfüllt sind.
Es scheint ganz so, als sei das sprechende Schweinderl aus der Werbung dabei, die Bauern zu fressen. Als sei Bauer zu sein in Österreich nur mehr in der Kitschversion erwünscht. Gefügig, anbiedernd, immer fröhlich und ganz bescheiden. Aber jedenfalls meist weitab von der Wirklichkeit und ihren Erfordernissen, und von Wirtschaftlichkeit auch – aber gefälligst nur ja kein Geruch, kein Staub, kein Lärm und schon gar keine großen Geräte oder gar Stallungen. Und am besten gleich gar nicht im Dorf oder auch nur in der Nähe davon oder als fahrendes Hindernis auf der Straße.
Bauer zu sein wird einem hierzulande immer öfter verleidet. Auch wenn es dutzende Umfrage geben soll, die das Hohelied auf die Landwirtschaft singen – die Realität, wie sie von den Bauern erlebt wird, ist oft eine ganz andere. Da wird schnell mit der Gift-, Tierquäler- und Umweltverschmutzer-Keule auf sie eingeschlagen und werden sie als Subventionsschnorrer und Jammerer verunglimpft, die nie genug kriegen können.
Konventionelle Landwirte sind es inzwischen gewohnt, sich allerorten für ihr Tun rechtfertigen zu müssen, ganz oft so, als würden sie etwas verbrechen. Auch den Biobauern geht es oft nur in der Zeitung und in Umfragen besser. Wenn sie aber zu groß werden, ist auch dort das Verständnis schnell enden wollend.
Die Landwirtschaft und ihre Vertretung versucht seit Jahren, diese Entwicklung in den Griff zu kriegen. Sie schafft es nicht. Oft regelrecht rührend, aber auch oft sehr hanebüchen sind die Bemühungen von offizieller Seite, von privaten Initiativen und bäuerlichen Einrichtungen und von Bäuerinnen und Bauern selbst, sich dagegen zu stemmen.
Bewirkt haben sie bisher nur wenig. Die Bauern erreichen die andere Seite meist nicht. Der Eindruck, den sie machen, ist oft ein hilfloser. Die Strömungen in der Gesellschaft verändern sich schneller, als die Landwirtschaft dem nachkommen kann. Wenn die Bauern versuchen, als Reaktion darauf neue Wege zu gehen, stehen die anderen längst woanders – wieder mit gestrecktem Mittelfinger.