Foto: agrarfoto.com

Karpfinger: „Neonics-Totalverbot schwerwiegender Fehler“

Der Rübenbauernbund für Niederösterreich und Wien, die Interessenvertretung der rund 4.600 Rübenbauern und damit die größte der vier regionalen Rübenbauernorganisationen mit insgesamt knapp 6.000 Mitgliedern, hielt heute seine jährliche Generalversammlung ab. Präsident Ernst Karpfinger skizzierte das abgelaufene Vegetationsjahr 2018 folgendermaßen: „Ein mehr als halbierter Zuckerpreis, das Verbot des wichtigsten Insektizids in der Saatgutpillierung, sommerliche Temperaturen bereits nach dem Anbau, welche die Ausbreitung von Schadinsekten förderten, und ausbleibende Niederschläge in den Sommermonaten haben die Stimmung unter den Rübenbauern massiv negativ beeinflusst.“

„Viele Rübenbauern haben im vergangenen Jahr nichts verdient, sondern sogar Geld zur Produktion draufgelegt. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass sich momentan Landwirte vom Rübenanbau abwenden und die Gesamtfläche 2019 um 20% gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen ist“, gab Karpfinger zu bedenken.

„Einer der schwerwiegendsten Fehler der Europäischen Kommission war das Totalverbot der Neonicotinoide im Freiland. Die Rübe wurde dabei Opfer des Populismus, denn die Sondersituation für die Verwendung dieses Wirkstoffs in der Saatgutpillierung, der sich unter einem Schutzmantel befindet, wurde dabei nicht berücksichtigt. Die Angstmache von offensichtlich immer mächtiger werdenden NGOs erhöhte den Druck auf die Politik, sodass die Tatsache, dass die Rübe nicht blüht und daher keine Pollensammler anzieht, nicht berücksichtigt wurde“, kritisierte der Präsident. Um den Rübenstandort Österreich nicht noch weiter zu gefährden, sei die im Rahmen des europäischen Pflanzenschutzmittelgesetzes mögliche Notfallzulassung von den Rübenbauernorganisationen beantragt und unter Auflagen genehmigt worden. Die praxisuntauglichen Auflagen und die grundsätzliche Einschränkung in zwei Bundesländern führten zu weiteren Flächenrückgängen im Jahr 2019, so Karpfinger.

„Wer heute öffentlich verlangt, im Pflanzenschutz das Rad der Zeit zurückzudrehen, der vergisst, wie die sogenannten guten alten Zeiten waren. Es gab Unterversorgung, Mangelernährung, Ernteausfälle durch Schädlings- und Krankheitsbefall, schwere Arbeit für ein Drittel der Bevölkerung in der Landwirtschaft und eine geringe Lebenserwartung. Auch vergisst man gerne, dass etwa die Hälfte des Einkommens für die Ernährung aufgebracht werden musste“, erklärte der Präsident. Heutzutage verfüge die Bevölkerung über gesunde, streng kontrollierte Lebensmittel. „Es ist ein Faktum, dass Österreicherinnen und Österreicher noch nie so gesund alt geworden sind wie heute. Das steht im Widerspruch zu den Kampagnen gegen die Landwirtschaft von spendenorientierten NGOs, die für alle Themen jeweils die selbsternannten Experten zu haben scheinen“, stellte Karpfinger fest.

Es liege nun an der Politik, ob sie ausschließlich diesen Organisationen Gehör schenken oder die Diskussion wieder auf eine fachlich und wissenschaftlich fundierte Basis zurückführen wolle. „Wer weiterhin heimischen Zucker haben will und die vor- und nachgelagerten Bereiche sowie die daraus generierten Arbeitsplätze erhalten möchte, muss für die Spezialkultur Zuckerrübe auch die speziellen Produktionsmittel, die als Werkzeuge für eine erfolgreiche Erzeugung notwendig sind, weiterhin zur Verfügung stellen“, mahnte der Präsident. „Wenn das nicht sichergestellt wird, dann wird die Zuckerrübe aus den österreichischen Fruchtfolgen verschwinden und Zucker kommt dann aus Ländern mit fragwürdigen Produktionsbedingungen, die weder unseren Sozial- noch Umweltstandards annähernd gerecht werden“, zeigte Karpfinger die Folgen dieser Politik auf.