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Dürre: Herbstkulturen müssen Sommerernte ausgleichen

Die österreichische Getreideernte startete heuer so früh wie noch nie und fällt gegenüber dem Durchschnitt der letzten fünf Jahre um 12% niedriger aus. Die Getreideproduktion (ohne Mais) wird derzeit auf knapp 2,8 Mio. t geschätzt und liegt um rund 400.000 t unter dem Durchschnitt. Gegenüber der schwachen Ernte 2017 ergibt sich ein Minus von 0,5%. Damit wird das zweite Jahr in Folge eine trockenheitsbedingt geringe Getreideernte verzeichnet. Dies teilte Günter Griesmayr, der Vorstandsvorsitzende der Agrarmarkt Austria (AMA), im Rahmen der Erntebilanz mit. „Als einzige Hoffnung für die Landwirte bleibt eine gegenüber dem Vorjahr erhöhte Maisernte im Herbst“, so Griesmayr. Die prognostizierte Gesamtproduktion von 4,9 Mio. t (inklusive Mais) beeinflusst die österreichische Getreidebilanz negativ. Bei einem wachsenden Inlandsverbrauch von rund 6 Mio. t bleibt der Importnettobedarf auf dem hohen Niveau des Vorjahres von 1,2 Mio. t, vorausgesetzt die Maisernte entspricht tatsächlich den derzeit guten Erwartungen.

„Nach einem langen Winter wirkte sich heuer der besonders trockene und warme April negativ auf die Entwicklung des Getreides aus. Die Trockenheit im östlichen Niederösterreich und im Nordburgenland war ähnlich gravierend wie im Vorjahr, in Oberösterreich wurden wesentlich weniger Niederschläge als im langjährigen Mittel verzeichnet. Im Süden des Bundesgebiets hingegen kam es teilweise zu sintflutartigen Niederschlägen. Verzögerungen bei der Kürbis- und Maisaussaat sowie liegende Getreidebestände waren die Folge der großen Regenmengen“, berichtete der Verwaltungsratsvorsitzende der AMA, Franz Stefan Hautzinger. „Durch hohes Fachwissen, vielfältige Fruchtfolgen, Begrünungen und schonende Bodenbearbeitung haben unsere Bäuerinnen und Bauern einen wichtigen Beitrag zum Erhalt der Bodenfruchtbarkeit geleistet. Wenn sich die Böden nicht in einem gesunden Zustand mit einer guten Wasserspeicherfähigkeit befinden würden, wären die Ertragseinbußen aufgrund der Niederschlagsdefizite in manchen Gebieten noch viel gravierender“, so Hautzinger.

Was die Ernteergebnisse der Hauptkulturen betrifft, so wird bei Weichweizen – die Kultur mit dem höchsten Flächenanteil in Österreich – die Menge rund 1,3 Mio. t betragen und somit um etwa 20% unter dem Fünfjahresdurchschnitt liegen. Es zeichnen sich abermals gute Qualitätsmerkmale – überdurchschnittlich hohe Proteingehalte und hohe Fallzahlen – ab. Erste Ergebnisse der Untersuchungen aus der Versuchsanstalt für Getreideverarbeitung in Wien weisen bis dato sehr gute Knet- und Backeigenschaften auf. Bundesweit wird die Qualitätsverteilung derzeit auf rund 75% Premium- und Qualitätsweizen sowie 25% Mahlweizen geschätzt und liegt somit deutlich über dem Fünfjahresmittel. Daher bestehen weiterhin gute Chancen für die Vermarktung an die inländische Mühlenindustrie und im Export, vor allem nach Italien.

Hartweizen erreicht heuer niedrige Erträge, die unter dem trockenen Vorjahr liegen. Die Qualitätseigenschaften für die Teigwarenherstellung sind wieder hervorragend. Wintergerste fällt zum Vorjahr nur leicht ab. Die rasche Entwicklung ermöglichte es dieser Kultur, die Trockenheit besser zu überstehen als Weizen. Das Braugerstenangebot ist durch eine stark verminderte Aussaat, schwache Erträge und Qualitätsmängel (zu hohe Proteingehalte) stark zurückgegangen. Roggen – das zweitwichtigste Brotgetreide in Österreich – liefert auf den bisher geernteten Flächen im Hauptanbaugebiet Waldviertel bessere Erträge als im Vorjahr. Zudem stehen den heimischen Mühlen durch die ausgeweitete Fläche rund 50% mehr Roggen zur Verfügung als im Vorjahr. Raps liegt auf dem unterdurchschnittlichen Ertragsniveau des Vorjahres. Das Angebot an Körnererbsen verringert sich heuer durch niedrige Hektarerträge und einer stagnierenden Fläche.

Die bescheidene Getreideernte und die erwarteten Preisanstiege – allerdings auf einem niedrigen Niveau – würden ohne Direktzahlungen zu einem Nullsummenspiel für die Landwirte werden. Zu verdienen gebe es bei Deckungsbeiträgen von rund 90 Euro je ha für Weichweizen oder 35 Euro bei Hartweizen kaum etwas. Daher hätten die Direktzahlungen für die Betriebe nach wie vor eine große Bedeutung, so Hautzinger.

„Die Landwirte hoffen jetzt auf eine gute Herbsternte. Die Kulturen Mais, Sonnenblume und Sojabohne fanden bis zum jetzigen Zeitpunkt überwiegend gute Bedingungen vor. Derzeit wird von einer Steigerung der Maisernte gegenüber dem Vorjahresergebnis um 4% ausgegangen“, informierte Hautzinger. Es mache sich heuer wieder die Strategie der Landwirte bezahlt, mit einer vielfältigen Fruchtfolge aus Kulturen der Sommer- und der Herbsternte Risiken einzelner Ernteausfälle abzumildern. Nachdem im Biobereich noch höhere Deckungsbeiträge zu erzielen seien, könne er sich einen Ausbau der Bioproduktion vorstellen, der Markt würde das zulassen. Mittelfristig werde angesichts zunehmender Witterungsextremereignisse das Risikomanagement an Bedeutung gewinnen, hier sollte die öffentliche Hand bei den Prämien Unterstützung leisten. Sinnvoll wäre auch eine forcierte Herkunftsstrategie bei Getreideprodukten.