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EU-Grüne gegen Versorgungsresolution

Das Europaparlament verabschiedete in der Plenarsitzung am 25. März einen Entschließungsantrag zur Ernährungssicherheit in der Union. Angesichts der russischen Invasion hatte die Ukraine den Export von landwirtschaftlichen Erzeugnissen bis Ende 2022 gestoppt. Das hat direkte Auswirkungen auf den Agrarsektor, werden in der Ukraine doch rund 30 Millionen Hektar Ackerfläche bewirtschaftet. Ein Fünftel der Getreideimporte in der EU stammt aus der Ukraine. Der Entschließungsantrag vom 24. März sei als Reaktion auf diese Situation gedacht, gehe jedoch in die falsche Richtung. 

Sarah Wiener, Grüne Abgeordnete zum Europaparlament, kommentiert: „Der Entschließungsantrag in dieser Form wird uns nicht zu mehr Ernährungssouveränität verhelfen. Denn hier wird nicht berücksichtigt, dass rund zwei Drittel der EU-Getreideproduktion und 70 Prozent der Ölsaaten in der Union für Tierfutter bestimmt sind. Es geht in dieser Resolution gar nicht um unsere Lebensmittelsicherheit, sondern um die Futtermittelversorgung für die industrielle Tiermast. Außerdem tritt das Europaparlament dafür ein, ökologische Vorrangflächen wieder in die Produktion zu nehmen und mit Pestiziden zu behandeln, die zum Schutz von Artenvielfalt und Biodiversität stillgelegt worden sind. Derartige Vorgangsweisen schädigen das Bodenleben dauerhaft und haben negative Auswirkungen auf die Fruchtbarkeit unserer Erde. Das soll nun in Kauf genommen werden, um die Produktivität zumindest kurzfristig zu steigern. Dabei lässt man außer Acht, dass es sich bei den Vorrangflächen oft um Brachen von minderer Qualität handelt, die auch mit massivem agro-industriellem Input keine hohen Erträge erzielen können. Gleichzeitig sind in Österreich 9000 Hektar Ackerfläche von dieser Entscheidung betroffen, während 260 000 Hektar für die Produktion von Agrokraftstoffen genutzt werden. Was wir jetzt brauchen, ist daher ganz klar ein Ausstieg aus den Agrokraftstoffen und eine Dezimierung der industriellen Tierhaltung, damit mehr Getreide auf unseren Tellern landet. Auch die Förderung von Ökolandbau wird entscheidend sein. Kurz: Die Agrarwende ist jetzt dringlicher denn je.“ 

Thomas Waitz, selbst Biobauer und Abgeordneter zum Europäischen Parlament kommentiert: „Die Konservativen im Europaparlament machen wieder einmal mit der Agrarindustrie- und Pestizidlobby gemeinsame Sache und tarnen sich dabei als die Verteidiger der Kleinbäuer*innen und Retter der europäischen Versorgungssicherheit. Das Argument ist fast zynisch, wenn wir bedenken, dass die Aufweichung der Klima- und Artenschutzmaßnahmen und eine weitere Intensivierung der Landwirtschaft unsere Ernährungsgrundlage zerstört. Nur eine Agrarwende kann langfristig alle Menschen ernähren: Gründüngersysteme und Fruchtfolge statt Pestizideinsatz, Getreide auf den Teller statt in den Tank oder in den Futtertrog und ein Stärken regionaler Wertschöpfungskreisläufe statt Abhängigkeit durch Agrar- und Ölimporte.“

Fachliteratur zum Thema zeigt, dass der Green Deal keine Gefahr für die Ernährungssicherheit in der EU darstellt: Eine große Studie kam etwa zu dem Schluss, dass die Diversifizierung der Landwirtschaft im Gegenteil vielfältige Ökosystemleistungen fördert, ohne den Ertrag zu beeinträchtigen: https://www.science.org/doi/10.1126/sciadv.aba1715