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Bio Austria auf Orientierungssuche

Unter dem Motto „Orientierung in bewegten Zeiten“ haben gestern die 13. Bio Austria Bauerntage im Bildungshaus Schloss Puchberg bei Wels begonnen. Mehr als 900 angemeldete Teilnehmer(innen) und über 80 Referenten aus Wirtschaft, Wissenschaft, Praxis und Beratung werden bis 2. Februar in elf Fachtagen ihr Expertenwissen weitergeben. Am Eröffnungstag beschäftige sich die Veranstaltung mit Modellen, die geeignet sind, Orientierung zu geben – etwa mit der Umweltenzyklika „Laudato Si“ von Papst Franziskus oder dem gemeinsamen Prozess „Bio 3.0“ der deutschsprachigen Bioverbände unter dem Titel „Mit Bio die Zukunft der Landwirtschaft gestalten“.

Gerade die Biolandwirtschaft könne Orientierung geben, betonte Bio Austria-Obfrau Gertraud Grabmann. „Seit je her spielen Werte eine große Rolle in der biologischen Landwirtschaft. Werte wie die Würde der Tiere, der Schutz der natürlichen Ressourcen oder die Verantwortung gegenüber nachfolgenden Generationen. All diese Werte wurden schon von den Pionieren der biologischen Landwirtschaft gelebt und sie bilden nach wie vor das Fundament, auf dem wir unsere tägliche Arbeit auf unseren Höfen verrichten.“

Die steigende Nachfrage nach Bioprodukten und die wachsende Zahl der Biobauern komme nicht von Ungefähr, so Grabmann: „Die Gesellschaft trägt immer höhere Ansprüche an die Landwirtschaft heran. ‚Nur‘ Lebensmittel zu produzieren ist nicht genug. Die Gesellschaft verlangt immer lauter nach ökologisch und gesundheitlich unbedenklichen Nahrungsmitteln sowie darüber hinaus nach sauberer Luft, reinem, unbelastetem Wasser und aktivem Tierschutz. All das gewährleistet die Biolandwirtschaft und das mache sich letztlich auch in der Nachfrage bemerkbar.“

Im derzeitigen Agrarsystem, das auf Wachstum um jeden Preis ausgerichtet ist, sieht sie hingegen keine Option für die Zukunft. „Die Landwirtschaft steht vor der Herausforderung nicht nur ökonomisch, sondern auch ökologisch und sozial nachhaltig zu werden. Daher benötigen wir einen Umbau, einen Paradigmenwechsel.“ In diesem Zusammenhang sei künftig unter anderem das Prinzip „öffentliche Mittel für öffentliche Güter“ zu verfolgen. „Ökologisch nachhaltige Landwirtschaft erbringt eine Reihe von gesellschaftlichen Leistungen, die derzeit nicht entsprechend honoriert werden. Das muss sich ändern. Gleichzeitig muss auch Kostenwahrheit geschaffen werden. Nur dann gibt es gleiche und faire Voraussetzungen für alle Formen der Landwirtschaft“, betonte Grabmann.

Nachhaltige Landwirtschaft sei ferner enorm wissensbasiert. Hier gebe es noch eine große Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit, auch in Österreich, so die Bio Austria-Obfrau. „Die Landwirtschaft der Zukunft wird ökologisch sein. Daher müssen wir den Menschen auch das entsprechende Wissen vermitteln, um den Anforderungen dieser Landwirtschaft gerecht zu werden.“ Grabmann sieht hier Aufholbedarf, speziell bei den landwirtschaftlichen Fachschulen. „Derzeit gibt es von Bundesland zu Bundesland und von Schule zu Schule ein unterschiedlich ausgeprägtes Angebot an Biolehrinhalten. Was wir allerdings brauchen ist ein einheitlicher Mindeststandard in der Vermittlung von Wissen über Biolandwirtschaft. Österreich ist Bioeuropameister – gerade deswegen darf man sich auch in der Ausbildung eine adäquate fachliche Wissensvermittlung erwarten.“

Johann Neumayer, der Umweltreferent der Diözese Salzburg und Biologe, setzte sich danach mit der Umweltenzyklika auseinander. Gerade für den landwirtschaftlichen Bereich habe das Werk wesentliche Implikationen, da sie sich unter anderem mit der Nahrungsmittelproduktion als einer der Kernfragen der Zukunft, aber auch mit den ökologischen Folgen intensiver Landwirtschaft beschäftige, betonte Neumayer. Die Enzyklika greife aktuelle Probleme auf und sei ein Weckruf, um eine nachhaltige Entwicklung einzuleiten, zog Neumayer eine Parallele zur Biolandwirtschaft. Nicht zuletzt rufe Papst Franziskus die Politik auf, ihre Verantwortung wahrzunehmen. „Ausreichende Versorgung mit Lebensmitteln ist eine Frage der Menschenwürde. Diese Aufgabe darf nicht alleine dem Markt überlassen werden, sondern ist primär Handlungsauftrag für die Politik“, genauso wie die Förderung regionaler Ernährungssouveränität und (klein)bäuerlicher Strukturen, erläuterte der Theologe.