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Konventionell oder bio? „Was zählt ist Top-Ware“

Euro-Müller JOSEF PRÖLL im Gespräch über das schwierige Mehlgeschäft, das Mehrwert-Potential von nationaler Rohstoff-Transparenz und seine persönlichen Manager-Ambitionen.

BLICK INS LAND: Sie leiten seit sieben Jahren die Geschäfte der LLI und das nach einem anfänglichen Sanierungskurs zuletzt mit mehr als 1 Milliarde Umsatz, davon 828 Millionen mit Mehl und einem Gewinn von mehr als 75 Millionen Euro, 22 Millionen mit Mehl, besonders erfolgreich. Profitieren auch die Landwirte vom lukrativen Geschäft?

Pröll: Ich würde nicht von einer überbordenden Ertragssituation sprechen, aber wir sind effizienter geworden und gut unterwegs. Im Zuge der Reorganisation der Mühlengruppe haben wir 800 Mitarbeiter abgebaut und so die Personalkosten um 10 Millionen Euro verringert. Mehl ist jedoch ein klassischer Rohstoff mit extrem knappen Margen, da darf nichts schieflaufen, etwa der Ausfall eines großen Kunden. Die Landwirte profitieren, weil wir an allen 25 Standorten bewusst regional einkaufen. Und wir koordinieren größere Erntemengen von Landwirten, die ihren Mahlweizen mittlerweile selber lagern, um den Zwischenhandel zu umgehen.

BLICK INS LAND: Aber Kontraktanbau ist bei der LLI nach wir vor kein Thema. Warum nicht? Sollte auf jeder Packung ‚Finis Feinstes“ wie am Freiland-Ei-Karton nicht auch der bäuerliche Zulieferer stehen?

Pröll: Wir haben bei „Finis Feinstes“ ohnehin eine Österreich-Garantie, an die halten wir uns auf Punkt und Beistrich. Jeder unserer Kunden weiß, mit welcher Präzision und hohen Standards unser Mehl erzeugt wird.

BLICK INS LAND: Apropos „Österreich-Garantie“: Auch die Bundesregierung will die nationale Herkunft der Rohstoffe in Lebensmitteln künftig verstärkt hervorgehoben wissen. Wird das der LLI neue Marktanteile am heimisch Mehlmarkt bescheren?

Pröll: Wir werden uns dem nicht verschließen, wenn Regionalität zu einem Mehrwert für die Bauern wie auch die Lebensmittelindustrie führt. Finis Feinstes ist Österreichs erfolgreichste Mehlmarke, weshalb wir sie als Muster auch in anderen Ländern mit regionalem Mehl ausgerollt und damit den Absatz in Summe binnen zehn Jahren auf nun 140.000 Tonnen verdoppelt haben.

BLICK INS LAND: Gibt es dafür einen Preisaufschlag für die Bauern? Die Regierung würde es wohl „Österreich-Bonus“ nennen.

Pröll: Die Regierung kann keine Preise verordnen.

BLICK INS LAND: Aber blumig verkünden…

Pröll: Der Markt wird den Preis bestimmten. Gelingt die Abgrenzung durch Regionalität und ist der Konsument bereit, dafür mehr zu bezahlen, dann wird der Mehrwert auch bei den Bauern ankommen. Natürlich müssen wir die Kennzeichnung diskutieren. Bei Backteiglingen etwa sind Weizenbauern und Mühle heute deutlich weiter weggerückt von den Konsumenten als bei Semmeln vom nahen Bäcker.

BLICK INS LAND: Gegen die Forderung nach mehr Transparenz bei Rohstoff-Herkunft legen sich meist Vertreter der Lebensmittelindustrie und der Wirtschaftskammer quer? Welche Argumentation liegt Ihnen näher, die der WK Österreich oder der LK Österreich?

Pröll: Ich stehe definitiv in der Verantwortung eines Unternehmens und habe im Sinne der AG zu dessen Wohle zu agieren, was ich auch tue. Aber ich habe durchaus Verständnis dafür, das Landwirte für hochwertige Rohstoffe auch einen Mehrwert lukrieren wollen. Daher darf es bei einer Kennzeichnung keinen Verlierer geben. Dazu die Fragen: Wer zahlt ein Gütezeichen? Und wer die Kontrolle? Dass darf man nicht auf den jeweils anderen abschieben.

BLICK INS LAND: In Sachen Qualitätsproduktion braucht es laut Landwirtschaftskammer und Bauernbund auch chemische Pflanzenschutzmittel. Warum halten sich Verarbeiter wie Sie oder andere Großabnehmer von Ackerkulturen bei der Sicherstellung solcher Präparate stets nobel zurück? Sie profitieren doch zuallererst von Top-Ware

Pröll: Top-Ware ist für uns das Nonplusultra, egal ob konventionell oder bio. Wir brechen über die konventionelle Produktion auch keinen Stab. Entscheidend ist eine entsprechende Erzeugung gemäß aller Gesetze, Vorgaben und Standards und das einwandfreie Ware ohne Rückstände in unsere Mühlengosse gelangt. Dann ist die Art des Anbaues zweitrangig.

BLICK INS LAND: Die Goodmills-Group investiert derzeit nach Polen besonders stark in den Mühlenausbau in Deutschland oder Tschechien. Wieviel Geld wird in die Modernisierung heimischer Standorte gesteckt?

Pröll: In unsere Standorte in Schwechat, Graz und Rannersdorf wurde über Jahre kräftig investiert, alle drei sind derzeit technologisch spitze. In Polen war der Aufholbedarf enorm. In Krefeld errichten wir derzeit Europas größte und modernste Mühle, weil wir den Standort mitten in Köln schließen mussten.

BLICK INS LAND: Zur Gruppe gehört ein führendes Mehl-Testlabor in Hamburg? Mit welchen Innovationen darf man schon bald rechnen?

Pröll: Neben Kostenführerschaft und Markenentwicklung brauchen wir Innovation für weiteres Wachstum. Das reicht von Mahltechniken bis Eiweißanreicherung in Mehl, um alle Lebensmittel-Trends auch bestens bedienen zu können. Da geht es um Forschung auf höchstem Niveau.

BLICK INS LAND: Die LLI-Holding agiert ja nicht nur erfolgreich am Mehl- und Kaffee-Sektor, sondern auch mit diversen Beteiligungen an Agrana, Südzucker, Baywa. Würde Sie nicht mal die Leitung einer anderen Holding reizen, zum Beispiel der künftigen „ÖBAG“, also der Staatsanteile an OMV, Post, Telekom Austria, Casinos Austria, Verbund und Bundesimmobilien?

Pröll: Definitiv nicht. Ich denke nicht an eine Rückkehr in ein solch halbpolitisches Umfeld. Dafür braucht es ein ganz anderes Profil.

BLICK INS LAND: Politisches Profil als Agrar- und Finanzminister sowie Vizekanzler und wirtschaftlichen Sachverstand als Manager kann Ihnen niemand absprechen. Vielleicht sind Sie mit 51 ja auch schon zu alt dafür?

Pröll: (Stockt) Das kann sein. (Und schmunzelt) Darüber habe ich noch nicht nachgedacht.

Interview: BERNHARD WEBER

Zur Person Der frühere ÖVP-Poltiker DI Josef Pröll (51) ist seit 1. Juli 2011 Vorstandssprecher des Mischkonzerns Leipnik-Lundenburger und damit auch Chef von Goodmills, Europas größter Mühlengruppe.