GMEINER MEINT

Foto: Daniela Koeppl

Von Inflationsanpassung und Pflegegeld – und woran es wirklich fehlt

3,1 Milliarden Euro sind im Budget 2024 für die Landwirtschaft vorgesehen, um knapp 130 Millionen Euro mehr als heuer. Das erreicht zu haben verdient Anerkennung, zumal in Zeiten, in denen viele so gerne herumnörgeln an dem, was Totschnig, Strasser, Moosbrugger und Co machen.
Mit der Aufstockung des Agrarbudgets sicherte man zum einen schon jetzt Gelder für die Landwirtschaft, die es in Zukunft nach den nächsten Wahlen im kommenden Jahr möglicherweise nicht mehr in dieser Form geben würde. Zum anderen ermöglicht das zusätzliche Geld für die Bauern so etwas wie eine Anpassung der Ausgleichszahlungen an die Inflation. Man will offiziell nicht recht davon reden, um sich keine Feinde zu machen, aber wenn der Bauernbundpräsident höchstselbst von „einer dringend benötigten Inflationsanpassung“ spricht, zu der die Budgeterhöhung gemeinsam mit den Ländern ausgebaut werden soll, ist das nicht anders zu verstehen.
Man sollte freilich auch jetzt nicht die überhören, die von „Staatswirtschaft statt Landwirtschaft“ reden und die die Ausgleichszahlungen, zumal dann, wenn sie jetzt auch noch inflationsgesichert werden sollen, in einem Anflug von Sarkasmus mit dem „Pflegegeld“ vergleichen. Und man sollte auch die in der Landwirtschaft nicht überhören, die sich mehr auf sich selbst verlassen und nicht auf öffentliche Zuwendungen und die sich jetzt, wie es einer formulierte, „als Geschnapste“ fühlen könnten. Denn wer sich als Landwirt wirklich als Unternehmer begreift und wer nicht ständig über zu niedrige Preise, zu hohe Kosten und zu geringe Förderungen klagt, sondern wie alle anderen in der Wirtschaft auch damit zurechtzukommen versucht, hat von der Agrarpolitik nicht wirklich viel zu erwarten.
Was da in den Budgetverhandlungen gelungen ist, entspricht zweifellos der weit verbreiteten Versorgungsmentalität vieler Bauern. Man sollte aber nicht vergessen, dass damit auch der Blick darauf verstellt wird, dass Agrarpolitik mehr ist als nur Geld zu verteilen, um Preise auszugleichen und Kostendruck zu lindern.
Im täglichen Ringen mit Gesellschaft, Handel, NGO und all den anderen, die der Landwirtschaft am Zeug flicken, sind Visionen, Perspektiven und Ziele aus dem Fokus geraten. Gar nicht zu reden vom Selbstverständnis, Unternehmer sein zu wollen. Man ist nur mehr am Verteidigen und Mauern, scheint es zuweilen, wo Mut auch zu neuen Wegen gefragt wäre, um aus der Defensive zu kommen.
Neues gibt es in der heimischen Agrarpolitik schon lange nicht mehr. Und Mut auch nicht. Der ökosoziale Weg, inzwischen mehr als 40 Jahre alt, war die letzte wirklich große Neuerung. Dieser Weg, mit dem es das kleine Österreich schaffte, sich auf den Märkten zu positionieren, ist zwar immer noch gut, aber längst ausgelatscht. Längst geht man ihn auch in vielen andere Ländern.
Dieser Tage sorgte eine Analyse des Wifo für Aufsehen. Demnach bekommen 80 Prozent der Bevölkerung unterm Strich mehr an staatlichen Leistungen heraus, als sie selbst ins System einzahlen. Die meisten Bauern gehören wohl dazu. Das sollte aufrütteln – die Agrarpolitik. Und auch die Bauern.