Foto: EU-Parlament

„Vorzugstimmenkaiser im ländlichen Raum“

Ähnlich einer Jagdstrecke nach großem Hallali präsentierte Bauernbund-Präsident Georg Strasser heute die Wahlerfolge der türkisen Bauern vom 15. Oktober. Personalforderungen an den vermutlich künftigen Regierungschef Sebastian Kurz will der Bauernbund daraus aber nicht ableiten. Dafür kennt man nun den „Biobauernsprecher“ der Türkisen. Und Othmar Karas vertritt die Bauern künftig im EU-Agrarausschuss.

Der Bauernbund habe maßgeblich zum 31,5 Prozent-Wahlsieg der neuen Volkspartei und Sebastian Kurz beigetragen, so Strasser, und untermauerte seine Behauptung wie folgt: „Die Landesbauernbünde und deren Kandidatinnen und Kandidaten haben einen ausgezeichneten Wahlkampf geführt. Der Bauernbund erreichte zusätzlich drei Mandate“. Somit werden künftig 16 Bauernbündler in Österreichs Nationalrat mit Sitz und Stimme vertreten sein. Ingesamt erkämpfte sich die türkise ÖVP 62 Plätze.

Zu zehn teils Langzeit-Abgeordneten des Bauernbundes stoßen sechs neue dazu: aus Niederösterreich Angela Baumgartner (statt dem ausgeschiedenen LK Österreich-Präsidenten Hermann Schultes) und Alois Rosenberger, aus Oberösterreich Klaus Lindinger (für Langzeit-Parlamentarier und Ex-Bauernbundpräsident Jakob Auer) sowie der Steirer Andreas Kühberger (bekommt das Mandat von Ex-Ex-Bauernbundpräsident Fritz Grillitsch). Ebenfalls ein Nationalratsmandat erkämpft haben sich die frühere EU-Abgeordnete und und Parteisekretärin der Liste Kurz, Elisabeth Köstinger in Kärnten sowie Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter in Tirol.

In Tirol haben die Türkisen laut Strasser dank Bauernbund-Stimmen sogar das beste Landesergebnis eingefahren (38,4 % für ÖVP), vor Salzburg (37,7 %) und Niederösterreich (35,6 %). Generell haben Sebastian Kurz & Co in 93 von 94 politischen Bezirken Österreichs zulegen können. Auch beim internen Vorzugsstimmensystem der Türkisen haben Bauernbündler am die Nase vorn: So wurde Strasser selbst ins seinem Wahlkreis Mostviertel in Niederösterreich von 12.932 Wählerinnen und Wählern bestätigt, ist damit „Vorzustimmenkaiser im ländlichen Raum“ und rangiert damit noch vor Rupprechter im Wahlkreis Unterland in Tirol mit 12.295 Vorzugstimmen oder weit vor Elisabeth Köstinger mit 5.074 Stimmen in Kärnten (sowie etwas mehr als 10.000 bundesweit).

Personelle Forderungen an den neuen Parteiführer und möglichen künftigen Regierungschef Kurz will der neue Bauernbundpräsident, selbst erst seit knapp zwei Monaten im Amt, aus dem Ergebnis, jedoch nicht ableiten. Landwirtschaftsminister Rupprechter etwa „macht seinen Job sehr gut, soll daher weiter zur Verfügung stehen und in den Regierungsverhandlungen eine große Rolle spielen“, meint Strasser.

Keinen Anspruch erhebt der Bauernbund aus seinem „tollen Ergebnis“ auch einen auf ein allfälliges zweites Regierungsamt. Strasser: „Diese Entscheidung wird Sebastian Kurz treffen.“ Die „beiden hervorragenden Vorzustimmenergebnisse“ (von Rupprecher und Köstinger, Anm.) seien aber ein Zeichen, dass wir hervorragend aufgestellt sind und nicht nur bei den Bäuerinnen und Bauern, sondern bei vielen Bevölkerungsschichten Anklang finden“. Dass Strassers persönlicher Stimmenfang noch erfolgreicher gewesen sei, sei indes kein solches Signal für einen Wechsel in ein türkises Regierungsteam: „Ich habe derzeit keine anderen Ambitionen“, so der Bauernbundchef.

Vom Tisch ist dagegen eine von Köstinger angedachte Auslagerung ihrer bisherigen Agraraufgaben als Österreichische EU-Abgeordnete nach Südtirol. Weil nach ihrem angekündigten Rückzug aus dem EU-Parlament kein Bauernbund-Mandatar nachrücken wird, sondern Lukas Mandl vom NÖ. AAB, brachte Köstinger Herbert Dorfmann, Parlamentarier der Südtiroler Volkspartei ins Spiel. Als ihr langjähriger Mitstreiter im Agrarausschuss präsentierte sie ihn noch vor wenigen Wochen in einer Pressekonferenz als beinahe logischen Nachfolger. Auch sei Dorfmann immerhin Mitglied im Tiroler Bauernbund, betonte auch der Landwirtschaftsminister.

Im Bauernbund stieß dieser Vorschlag jedoch letztlich auf kein Gehör. Vielmehr wurde der langjährige ÖVP-Delegationsleiter und Vizepräsident im EU-Parlament, Othmar Karas, gebeten, im Sinne des Bauernbundes „die land- und forstwirtschaftlichen Themen“ im EU-Agrarausschuss zu übernehmen. Immerhin ist für den Bauernbund „Landwirtschaft Chefsache“ und Karas „bis zur nächsten Europawahl im Frühjahr 2019 der beste Mann in Brüssel.“ Keiner kenne das EU-Parlament besser als er, außerdem verfüge er über ein ausgezeichnetes Netzwerk in Europa, so Strasser.

Karas nahm das Angebot erfreut an. Er sei als “Ordnungspolitiker“ bekannt und werde sich daher stets für die – auch in der EU-Verfassung festgeschriebene – Ökosoziale Marktwirtschaft sowie eine nachhaltige ländliche Entwicklung einsetzen“. Eine Bauernbund-Mitgliedschaft des Neo-Agrarpolitikers braucht es dafür übrigens nicht. „Wieso? Es hat mich keiner danach gefragt“, erklärte Karas gegenüber BLICK INS LAND.

Dass der Bauernbund vorerst also mit keinem eigenen Mandatar im EU-Parlament vertreten ist und einzig die Grünen künftig ab 8. November mit dem steirischen Biobauern Thomas Waitz einen praktizierenden Landwirt als ranghöchsten Vertreter der heimischen Bauernschaft in Brüssel stellen, ist für Strasser keine Scharte im Wahlergebnis. Ebenso wenig, dass sich unter den 16 Mandataren des Bauernbundes nur ein einziger Biobauer findet, obwohl mittlerweile jeder fünfte Landwirt in Österreich biologisch wirtschaftet.

Auch dürften die wenigsten wissen, wer der „Biobauernsprecher“der Türkisen im Parlament ist, – obwohl der längst zu den Urgesteinen unter den Parlamentsabgeordneten zählt: Es ist der Lungauer Bergbauer und Präsident der LK Salzburg, Franz Leonhard Eßl, seit 2002 und damit seit fünfzehn Jahren Abgeordneter im Hohen Haus.

BERNHARD WEBER