FAMILIE UND BETRIEB Emotionen machen Geschichten Die junge oberösterreichische Ackerbäuerin MICHAELA SANDMAYR ist ein Sprachtalent. Ihr Wissen teilt sie in Kursen mit anderen Bauern. Im Gespräch mit STEFAN NIMMERVOLL präsentiert sie ihren Zugang zur landwirtschaftlichen Kommunikation der Zukunft. unserhof: Du trägst in deinen Kursen zum Thema „Storytelling“ vor. Erzäh- len wir die richtigen Geschichten von den Bauernhöfen? Michaela Sandmayr: Die richtige Ge- schichte ist die, die zum Betrieb passt. Dabei ist es gar nicht so leicht, die Ge- schichte zu finden, die mich und mei- nen Betrieb widerspiegelt. Wie erkenne ich dann, was mein Ge- genüber interessieren könnte? Sandmayr: Im direkten Austausch leicht. Ich merke, wie die Person re- agiert. Wenn ich zum Beispiel in einem Lebensmittelgeschäft mit einer jungen Frau ein Gespräch beginne, die gerade am Eierkaufen ist, und ich habe einen Hendlbetrieb daheim, dann kann ich genau da anknüpfen. Auf Social Me- dia weiß ich mit der Zeit, was meine Community interessiert, weil ich sehe, wie gut die Beiträge funktionieren. Insgesamt brauche ich etwas Gespür für mein Gegenüber. Und wenn ich mir nicht sicher bin, kann ich immer nach- fragen. Auf manchen Höfen gibt es viel zu erzählen. Andere Bauern werden sich eher „normal“ vorkommen. Hat jeder Betrieb eine Geschichte, die es wert ist, erzählt zu werden? Sandmayr: Definitiv. Auf jedem Hof passieren jeden Tag so viele unglaubli- che Geschichten. Wir arbeiten ja nicht nur auf den Betrieben, wir leben dort auch. Wir haben oft jahrhundertelange Traditionen oder Familiengeschichten. Auch in der aktuellen Zeit passieren 18 ganz viele Dinge – egal, ob es Tradi- tionen oder Rituale sind oder ob es etwas ist, was sich die letzten Jahre aufgebaut hat. Oder auch etwas Span- nendes, total Außergewöhnliches, was jetzt im Moment passiert. Das heißt, dass es immer Geschichten gibt, die man erzählen kann. Wichtig ist, dass eine Emotion dahinter steckt und dass sich persönlich jemand dafür begeis- tert oder davon berührt fühlt. Die Themen, die einen Bauern be- wegen, sind oftmals ganz andere als die des durchschnittlichen Kon- sumenten. Wie gelingt es, zwischen diesen beiden Welten eine Brücke zu schlagen? Sandmayr: Ich stoße mich ein biss- chen an dem Begriff „der durch- schnittliche Konsument“. Denn Kon- sumenten sind wir alle. Wir Landwirte sind auch Konsumenten. Wir sind alle sehr vielfältig. Insgesamt gibt es also immer Themen, die beide betreffen. Es gibt immer Botschaften, die mir aus betrieblicher oder persönlicher Sicht wichtig sind und solche, die mein Gegenüber interessieren. Da gibt es ganz bestimmt eine Schnitt- menge, weil wir alle gute Lebensmit- tel wollen und drei Mal am Tag essen. Und weil wir alle die Landschaft rund um uns haben, die von den Land- wirten gepflegt wird. Es gibt alleine dadurch schon Überschneidungen. Wenn man Offenheit mitbringt und Spaß daran hat, zu kommunizieren, gelingt es immer, eine Brücke zu schlagen. Wie viel soll „aus dem Bauch he- raus“ kommen und wie viel muss man planen, wenn man kommuni- zieren will? Sandmayr: Gute Kommunikation ist beides: Einerseits Fachwissen und an- dererseits Emotion. Wer wirklich ein professionelles Kommunikationskon- zept erstellen will, macht das im bes- ten Fall strategisch. Sonst verpufft sehr viel Energie, ohne dass die Botschaft wirklich ankommt. Zuerst überlege ich mir dabei, was ich sagen will, dann, wer meine Zielgruppe ist, und erst als drittes, wie ich das machen werde. Braucht jeder Hof ein Kommunikations- konzept? Sandmayr: Vielleicht ist der Begriff ein bisschen hochgestochen. Aber am bes- ten überlege ich mir im Vorhinein, was ich überhaupt erreichen möchte. Ich habe ja wahrscheinlich einen Beweg- grund, warum ich mit der Kommunikati- on starte. Je konkreter ich weiß, was ich erreichen will, desto leichter erreiche ich es natürlich auch. unserhof 2/2025