Foto: agrarfoto.com

Unfaire Handelspraktiken: Wen schützen?

Der Agrarausschuss des Europaparlaments stimmt kommenden Montag über eine EU-Richtlinie ab, mit der unfaire Handelspraktiken durch Supermärkte verhindert werden sollen. Ausgangspunkt für den Vorschlag der Europäischen Kommission ist die schwache Stellung der Landwirte innerhalb der Lebensmittelkette, die zu Benachteiligungen führt. Die EU-Kommission beschränkt ihren Vorschlag deshalb auf kleine und mittlere Unternehmen (KMU) mit nicht mehr als 250 Mitarbeitern und 50 Mio. Euro Jahresumsatz. Das hält Berichterstatter Paolo De Castro aus dem Agrarausschuss des Europaparlaments für praxisfern. Der italienische Sozialdemokrat möchte den Anwendungsbereich über die KMU hinaus ausweiten und größere Erzeugergemeinschaften und Genossenschaften ebenfalls vor unfairen Handelspraktiken schützen. De Castro wird dabei von vielen Abgeordneten im Ausschuss unterstützt.

„Wir wollen nicht Nestlé oder Ferrero vor den Supermärkten schützen“, stellte der italienische Christdemokrat Herbert Dorfmann in einer Aussprache in dieser Woche in Brüssel klar. Aber es ginge im Umgang mit den Supermärkten nicht um einzelne Landwirte, sondern in der Regel um deren Zusammenschlüsse, die von unfairen Praktiken betroffen seien, erklärte Dorfmann. Deshalb mache die Beschränkung auf KMU keinen Sinn. Der Deutsche Martin Häusling von den Grünen unterscheidet dagegen zwischen großen und kleinen Genossenschaften. Arla sei ein multinationales Unternehmen, das nicht geschützt werden müsse, so Häusling. EuroCommerce, die Vertretung des Lebensmitteleinzelhandels in Brüssel, ist von den Vorgängen im Ausschuss des EU-Parlaments tief besorgt. Die Organisation kritisiert die Europaabgeordneten, die mächtigen multinationalen Lebensmittelhersteller in eine noch stärkere Stellung gegenüber dem Handel bringen zu wollen.

Der Agrarausschuss im Europäischen Parlament wird seinen Bericht am kommenden Montag in Straßburg abstimmen. Das Plenum des Europaparlaments soll am 22. Oktober folgen, damit die EU-Die EU-Kommission möchte mit ihrem Vorschlag plötzliche Stornierungen, Zahlungsverspätungen und einseitige nachträgliche Vertragsänderungen verbieten. Andere unfaire Handelspraktiken sollen nur dann untersagt werden, wenn sie nicht ausdrücklich im Vertrag festgehalten sind. Dazu gehören Listungsgebühren, die Rückgabe unverkäuflicher Ware und die Beteiligung des Anbieters an Werbemaßnahmen. Die zukünftigen Regelungen der EU sollen bestehende nationale Gesetze zur Vermeidung von unfairen Handelspraktiken ergänzen und nicht ersetzen.

Die Europäische Kommission legt den Akzent auf die Einhaltung der Mindeststandards. Die EU-Mitgliedstaaten sollen neue Verwaltungsstellen einrichten, möglicherweise angelagert an die nationalen Kartellbehörden. Die staatlichen Stellen gegen unfaire Handelspraktiken sollen anonymen Hinweisen nachgehen oder von sich aus die Initiative bei Verdachtsmomenten ergreifen. Angemessene Bestrafungen und eine Veröffentlichung der Beschlüsse sollen für die Einhaltung der Verbote sorgen. Bisherige freiwillige Initiativen hält die EU-Kommission für unzureichend.