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Theresa May möchte Agrarfreihandelszone mit EU

Die Briten streiten heftigst über die Handelsbeziehungen zur EU. Wie aus dem mit Spannung erwarteten Weißbuch über die künftigen Beziehungen mit der Europäischen Union hervorgeht, will Premierministerin Theresa May Störungen im Agrarhandel mit der EU vermeiden und das Regelwerk der EU beibehalten. Daraufhin proben die Brexit-Hardliner in London den Aufstand. May schlägt eine Freihandelszone mit der EU für Agrar- und Industrieprodukte vor. In dieser Zone soll es keine Zölle geben. Zudem ist das Vereinigte Königreich bereit, das Regelwerk der EU für landwirtschaftliche und andere Erzeugnisse zu übernehmen. Das bedeutet zum Beispiel einen Verzicht auf gentechnisch veränderte Lebensmittel, Hormone in der Rindermast oder eine Behandlung von Geflügelfleisch mit Chlor.

Vor allem weil weiterhin EU-Verordnungen und Richtlinien im Vereinigten Königreich nach dem Austritt gelten sollen, stößt das jüngste Angebot auf heftige Kritik. „Teile der britischen Wirtschaft bleiben im System der EU gefangen, ohne dass wir zukünftig darauf Einfluss nehmen können“, bemängelte der britische Außenminister Boris Johnson in seinem Rücktrittsschreiben. Durch den nur noch „halben Brexit“ müsse sich das Vereinigte Königreich weiterhin an Regeln der EU halten, die es jahrelang kritisiert habe und die der Grund für den Austrittswunsch seien, empörte sich der Ex-Außenminister. Auch Verhandlungsführer David Davis, bisher britischer Verhandlungsführer für den Austritt, lehnt das Angebot ab, weil es keine ausreichende Unabhängigkeit von der EU ermögliche. Die Verhandlungen mit der EU soll jetzt der bisherige Wohnungsbauminister Dominic Raab führen. Der 44-jährige Anwalt nimmt, genau wie sein Vorgänger, eine harte Position in Bezug auf den Brexit ein und will sich keine Regeln von der EU vorschreiben lassen.

Die Reaktionen in Brüssel sind bisher verhalten. Keiner möchte mit hämischen Reaktionen die Lage in London weiter destabilisieren. Für das jüngste Angebot werden in Brüssel noch Einzelheiten erwartet, bevor man sich dazu äußern möchte. Doch schon jetzt dürfte die Forderung der Briten auf Ablehnung stoßen, nur für Waren den freien Austausch zu ermöglichen, nicht aber für Dienstleistungen und Arbeitnehmer. Der polnische EU-Ratspräsident Donald Tusk hofft, dass sich die Briten angesichts der Schwierigkeiten doch noch gegen einen Brexit entscheiden.