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Schweiz: Streit um Milchpreis-Erhöhung

Der Vorstand der Schweizer Branchenorganisation Milch (BOM) hat in seiner jüngsten Sitzung den Richtpreis für die Milch im A-Segment im vierten Quartal 2018 unverändert bei 68 Rappen pro kg (umgerechnet 59 Cent) fixiert. Die Forderung der Produzenten nach einer Erhöhung des Richtpreises fand keine Mehrheit. Der Grund dafür war laut BOM die unterschiedliche Einschätzung über die Entwicklung des Marktes. Die Bundesvertretung der Schweizer Milchproduzenten kritisierte die Entscheidung, den Richtpreis nicht zu erhöhen und betonte, die Marktsignale seien missachtet worden.

Die Branchenorganisation Milch ist eine gemeinsame Plattform der schweizerischen Milchwirtschaft. Mitglieder sind 40 regionale und nationale Organisationen der Milchproduzenten und -verarbeiter sowie Einzelfirmen der Industrie und des Detailhandels. Die BOM legt quartalsweise den Richtpreis für die Milch im A-Segment fest. Basis dafür ist der Molkereimilchpreisindex des Bundesamts für Landwirtschaft, ergänzt durch eine prospektive Markteinschätzung. Der Richtpreis gilt als preisliche Orientierungsgröße, er ist damit eine wichtige Entscheidungsgrundlage für die Preisverhandlungen zwischen den Milcherzeugern und Abnehmern beziehungsweise Verarbeitern.

Der Richtpreis für A-Milch liegt seit Oktober 2017 bei 68 Rappen pro kg und wurde mit der jüngsten BOM-Entscheidung auch für das vierte Quartal 2018 in dieser Höhe festgesetzt. Die Milchproduzenten fanden mit ihrer Forderung nach einer Erhöhung keine Mehrheit. Die Marktentwicklung sei von den Vorstandsmitgliedern „fundamental unterschiedlich eingeschätzt worden“, weshalb man letztlich den Richtpreis unverändert fortgeschrieben habe, teilt die Branchenorganisation mit.

Die Schweizer Milchproduzenten (SMP) kritisieren jetzt die Entscheidung der Branchenorganisation und verweisen insbesondere auf die sinkende Milchanlieferung. Von Jänner bis Juni 2018 lag die Schweizer Rohmilchproduktion mit 1,81 Mio. t noch um 2,4% über dem Vorjahresniveau. Im Juli 2018 dürfte die Menge schon um 0,5% geringer als ein Jahr zuvor gewesen sein und im August soll es laut SMP bereits zu größeren Rückgängen bei der Milchanlieferung gekommen sein. Ein Grund dafür seien die Auswirkungen der extremen Trockenheit in praktisch ganz Europa, wird betont. Bei den Produzenten bestehe Einigkeit darüber, dass sich diese Effekte im Herbst noch verstärken werden. Es sei deshalb unverständlich, weshalb diese Marktsignale nicht beachtet wurden.

Auch der Schweizer Bauernverband (SBV) kritisiert die Richtpreis-Entscheidung der Branchenorganisation heftig, berichtet der LID-Mediendienst in Bern. Eine Erhöhung des Richtpreises um 5 Rappen wäre laut SBV zwingend notwendig gewesen – auch wegen der gestiegenen Produktionskosten aufgrund der aktuellen Futterknappheit.

In der Schweiz wird seit Anfang 2011 die von den Bauern angelieferte Rohmilch je nach Verwertungsschiene in drei Segmente unterteilt: A-, B- und C-Milch. Der Richtpreis für Milch im A-Segment gilt für Milchprodukte mit hoher Wertschöpfung. Er versteht sich als Preis für Rohmilch mit 4% Fett und 3,3% Eiweiß, ab Rampe des Verarbeiters und ohne Mehrwertsteuer.

Der Richtpreis für das B-Segment wird festgelegt auf der Basis des Rohstoffwertes eines Kilogramms Milch bei der Verwertung zu Magermilchpulver für den Export und zu Butter für den Inlandsmarkt, er liegt aktuell bei knapp 46 Rappen. Der Richtpreis des C-Segmentes entspricht dem Rohstoffwert von 1 kg Milch bei der Verwertung zu Magermilchpulver und Butter für den Export auf den Weltmarkt, er beträgt derzeit 31,5 Rappen und repräsentiert somit die niedrigste Verwertungsstufe.

Im Juni 2018 wurden in der Schweiz 85,8% der Milch im A-Segment eingekauft. Der Anteil der B-Milch lag bei 14% und jener der C-Milch bei 0,2%. Der hohe Anteil der A-Milch und die geringen Werte für B- und C-Milch dürften die Tendenz zu geringeren Milchanlieferungen widerspiegeln. Das Segment C-Milch wurde für Überschuss-Situationen geschaffen, derzeit besteht hier offenbar kein Bedarf