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Almen sind kein Freilichtmuseum!

Das Tiroler Kuh-Urteil schlägt in ganz Österreich ein wie ein Blitz. Und es käme, wenn es nicht revidiert wird, auch einem Schlag für die gesamte Alm- und Weidewirtschaft gleich.
Dass der Tod der deutschen Urlauberin äußert tragisch war, steht außer Frage. Niemand wünscht sich so etwas. Das darauffolgende Urteil halte ich allerdings gleich auf mehreren Ebenen für dramatisch. Das Gericht verurteilte den Bauern zu einer Zahlung von fast einer halben Million Euro. Eine Summe, die ihn und seinen Betrieb wohl ruinieren würde. Zudem wird das Urteil zum Präzedenzfall, also zum Maßstab für ähnliche Fälle. Die Konsequenz daraus liegt auf der Hand. Zum Schutz vor derart horrenden Schadensersatzforderungen müssten die Bergbauern ihre Weiden einzäunen und die Almen zum Sperrgebiet für Wanderer und Co. erklären. Das bedeutet Kosten in Millionenhöhe, die sich unsere kleinstrukturierten Betriebe niemals leisten könnten. Wenn das Urteil tatsächlich in der nächsten Instanz bestätigt wird, bedeutet das für unsere Almbäuerinnen und Almbauern das Aus. Und schon jetzt schwebt die Unsicherheit wie ein Damoklesschwert über den Köpfen der Almbewirtschafter. Es geht hier um Existenzbedrohungen.
Die Gesellschaft muss sich im Klaren sein, dass von einem Aufgeben der Almbewirtschaftung aber nicht nur die Bauern betroffen wären. Denn unsere landwirtschaftlichen Betriebe sind es, die nicht nur für die besten Lebensmittel, sondern auch für die wunderschöne Kulturlandschaft sorgen. Ohne Bewirtschaftung würden die Almen zuwachsen. Eine Katastrophe für das Ökosystem Alm. Die Folgen für Natur und Artenvielfalt wären dramatisch, die Weide als Lebensraum in den Bergen würde verschwinden.

Aber unsere Berge und unsere Kulturlandschaft sind es doch, die Touristen nach Österreich ziehen. Sie genießen die wunderschöne Natur, die imposanten Ausblicke und die Vegetation. Dabei wandern die Gäste immer wieder über Weiden und Almen. Viele Tourismus­attraktionen können auch nur so erreicht werden. Es muss allen immer bewusst sein: Unsere Almen sind in erster Linie für die Tiere da. Und dennoch: Der Druck auf die Bauern wird immer größer, auf den Wanderrouten ist immer mehr los. Die Rücksichtnahme der Touristen, die ja eigentlich Gäste auf den
Almen sind, fehlt leider oft. Dass als Konsequenz daraus ein hoher Zaun samt „Betreten verboten“-Schild für den Tourismus ein Schreckens­szenario wäre, ist daher einleuchtend. Auch hier wären die Auswirkungen dieses praxisfernen Urteils dramatisch.
Eines ist klar: Unsere Almen und Weiden sind kein Freilichtmuseum, sondern ein knochenharter Arbeitsplatz sowie eine Produktionsstätte unter freiem Himmel. Dessen muss sich jeder bewusst sein, egal, ob zu Fuß oder auf dem Rad. Wer eine Alm oder Weide betritt, muss Verhaltensregeln beachten. Besonders bei Mutterkühen mit ihren Kälbern gilt Vorsicht – darauf weisen auch immer wieder Schilder hin. Diese Eigenverantwortung kann unmöglich von unseren Bäuerinnen und Bauern mit Millionenaufwand ersetzt werden. Daher volle Unterstützung für die Almbauern!