Foto: ARGE Rind

Mercosur ängstigt Rinderbranche

Das Mercosur-Freihandelsabkommen und der Brexit stellen für die österreichischen Rindfleischproduzenten große Bedrohungen dar. Die Auswirkungen der massiven handelspolitischen Veränderungen prägten daher die Vorträge und Diskussionen im Rahmen der Generalversammlung der ARGE Rind am Steirerhof in Graz. Eine Reihe von Gästen aus der Rinderzucht, von Bio-Austria, der Agrarpolitik, dem Agrarressort, den Landwirtschaftskammern, der AMA-Marketing, des Lebensmittelhandels und der Fleischbranche war zu dieser Sitzung gekommen.

Als Dachorganisation koordiniert die ARGE Rind die Tätigkeit der sieben Rindererzeugergemeinschaften in den Bundesländern und ist gleichzeitig die Interessenvertretung für die Rindfleischproduzenten in Österreich. Dabei werden Qualitätsprogramme mit Mehrerlösen für Landwirte entwickelt sowie Vermarktungs- und Preiskonditionen für die Bauern mit den Abnehmern abgestimmt.

Obmann Josef Fradler verdeutlichte bei seinen einleitenden Worten den großen Stellenwert der Qualitätsproduktion im heimischen Rindfleischsektor. „Die ARGE Rind ist das Sprachrohr der bäuerliche Produktion und Position, sie ist die Brücke zum Markt für die Bauern“, so Fradler. „Wenn wir auf die vergangenen Jahre zurückblicken, so haben sich der Rindfleischmarkt und die Qualität unserer Produkte sehr positiv entwickelt. Vieles von dem, was gemeinsam mit der Branche geschaffen wurde, rückt jedoch für die Bauern bei den aktuellen Diskussionen und Abschlüssen über Mercosur-Quoten und die Folgen des Brexit in den Hintergrund. Es darf nicht sein, dass unter dem Deckmantel von Freihandelsabkommen die heimische Landwirtschaft für industrielle Interessen geopfert wird. Freihandel ohne vergleichbare Standards in der Produktion und zusätzliche 100.000 t Rindfleisch aus den Mercosur-Ländern in den ohnehin selbstversorgten EU-Absatzmarkt, das wird große Auswirkungen auf den 2019 bereits stark unter Druck geratenen EU-Rindfleischmarkt haben“, warnte der Obmann.

Daneben verspreche die EU der irischen Rinderwirtschaft im Zuge des Brexit großzügige finanzielle Unterstützung zur Erschließung neuer Märkte. „Das bedeutet noch mehr Rindfleisch am EU-Binnenmarkt. Für Österreich wird hingegen für die Periode der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) nach 2020 von einer weiteren Kürzung der Agrarmittel gesprochen“, kritisierte Fradler und fügte hinzu: „Wir brauchen auch künftig vernünftige Rahmenbedingungen und Lösungen für die Existenzen unserer Rinderbauern in Österreich.“ Zu den Verhandlungen über die neue GAP hielt er fest, dass sich die ARGE Rind als Interessenvertreter der Rindfleischproduzenten aktiv einbringen werde und er sich Gespräche auf Augenhöhe erwarte.

Der Tätigkeitsbericht bestätigt laut Geschäftsführer Werner Habermann die positive Entwicklung in der Vermarktung: Insgesamt wurden über die Erzeugergemeinschaften der ARGE Rind zirka 294.000 Rinder vermarktet, davon 122.000 Lebend- beziehungsweise Nutzrinder und rund 172.000 Schlachtrinder. „73% der Schlachtrinder wurden über Qualitätsrindfleischprogramme vermarktet. Für diese Rinder wurden Zuschläge von zirka 18 Mio. Euro für die Bauern erzielt und somit die Wertschöpfung auf den Betrieben verbessert“, so der Geschäftsführer. Er hielt aber auch fest, dass sich die Rindfleisch-Absatzmärkte seit einigen Monaten sehr schwierig gestalten. Auch bei einigen Programmen sei eine gewisse Marktsättigung feststellbar. „Die Vermarktungspreise für Rinder sind seit längerer Zeit kontinuierlich unter Druck, die Erlössituation für die Bauern hat sich verschlechtert und ist nicht zufriedenstellend. Umso wichtiger wird es für die österreichischen Produzenten sein, dass die Herkunftskennzeichnung in der Gastronomie umgesetzt wird. Es muss für die Konsumenten auf den Speisekarten eine klare Herkunftsdeklaration geben, Halblösungen helfen uns hier nicht“, so Habermann.

„Umsetzung der EU-Agrarpolitik und Perspektiven für die heimischen Rindfleischproduzenten“ lautete das Hauptreferat von Johannes Fankhauser, der Sektionsleiter im Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus. Fankhauser verdeutlichte, dass die eingeschlagene kompromisslose Qualitätsorientierung in der Rindfleischproduktion auch Grundlage für die Weiterentwicklung der heimischen Landwirtschaft ist. Mit „Qualität, Herkunft, Regionalität und nochmals Qualität“ gab Fankhauser die Marschrichtung für die nächsten Jahre vor. Er betonte auch, dass organisierte Vermarktung sehr wichtig für die kleinen Strukturen der heimischen Landwirtschaft sei. „Erzeugerorganisationen erfüllen hier sehr wichtige Funktionen. Diese gilt es zu stärken, um die Position der Bauern und den Wertschöpfungsanteil der Landwirtschaft zu sichern“, so der Sektionsleiter.

Im Hinblick auf die EU-Agrarpolitik für die Periode nach 2020 stellte Fankhauser klar, dass mehr Mitbestimmungsrecht auf nationaler Ebene zwar positiv zu bewerten ist, aber die Auflagen dadurch in der neuen Periode sicher nicht weniger oder einfacher werden. „Eine wesentliche Herausforderung wird sein, das Agrarbudget auf EU-Ebene gut zu verhandeln, um eine entsprechende Mittelausstattung für den Agrarbereich auch zukünftig zu haben“, sagte der Sektionsleiter. Das Qualitätsverbesserungsprogramm in der Rindermast und Mutterkuhhaltung – Qplus Rind – sieht er als wichtige Begleitmaßnahme zur Professionalisierung und zur Unterstützung der Betriebe bei der Produktion von hochwertigem Qualitätsrindfleisch.

Im Bild: Fritz Gruber (Obmann Stv. ARGE Rind), Werner Habermann (Geschäftsführer ARGE Rind), Johannes Fankhauser (Sektionsleiter BMT), Josef Fradler (Obmann ARGE Rind), Franz Beck (Obmann EZG Steirisches Rind), Franz Mairold (Aufsichtsratsvorsitzender Stv. ARGE Rind), Hans Jörg Landmann (Aufsichtsratsvorsitzender ARGE Rind)