Foto: Werner Harrer

Hochkarätige Debatte über Farm2Fork

Im Mai 2020 hat die EU-Kommission die Strategie „Farm2Fork“ veröffentlicht, wonach die EU-Landwirte bis 2030 die Nutzung von Pflanzenschutzmitteln sowie Antibiotika in der Tierhaltung um die Hälfte reduzieren sollen. Düngemittelüberschüsse sollen ebenso um 20 Prozent reduziert werden. Gerade die Landwirtschaft und die Lebensmittelproduktion nehmen in dieser Strategie einen breiten Raum ein – allerdings mit einigen Konflikten. Dieses Thema haben am 21. September 2022 in Pichl bei Wels, auf Aufruf der Initiative „Our Health“, Vertreter aus Politik, Landwirtschaft und Wirtschaft beleuchtet und gemeinsam Lösungsansätze diskutiert.

Die Initiative „Our Health“ verfolgt das Ziel, eine Plattform für den Austausch zwischen den unterschiedlichen Interessensgruppen zu schaffen, um gemeinsam Lösungsansätze zu erarbeiten. „Probleme müssen von mehreren Seiten betrachtet werden, um deren Kern zu erfassen. Uns ist es deshalb ein großes Anliegen, alle an einen Tisch zu holen. Wir werden nur dann gesünder leben können, wenn wir auf Boden und Tiere schauen“, erklärt Bernhard Zauner, Arzt für Allgemeinmedizin und Homöopathie, der neben Lukas Hader, Geschäftsführer von Multikraft, Gründer von „Our Health“ ist.

Nach Eröffnungsvorträgen von Georg Ecker und Michael Sulzner über die GAP und Farm2Fork folgte unter der Gesprächsleitung von Lukas Hader die Diskussionsrunde mit Manfred Kröswang, Franz Grötschl und Günther Achleitner zu Herausforderungen und Lösungsansätzen beider Strategien. Bio-Landwirt Günther Achleitner sieht die Ernährungssicherheit durch die Biolandwirtschaft am besten abgesichert. Seiner Meinung nach kann eine hundertprozentige Biolandwirtschaft in Zukunft einen großen, positiven Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz leisten. In dem Zusammenhang müsste, nach Achleitner, vor allem die Lebensmittelverschwendung ins Visier genommen werden. Dafür appelliert er an eine vorausschauende Planung und den Einbezug des Lebensmitteleinzelhandels (LEH).

Dass ein Umdenken von Politik, Landwirten und Handel notwendig ist, zeigt auch das verschärfte Bewusstsein von Konsumenten für nachhaltige Lebensmittel. „Mit der Corona-Krise stieg die Wertigkeit von nachhaltigen bzw. regionalen Lebensmitteln aus Österreich in den letzten beiden Jahren spürbar an. Durch die massiv steigenden Preise wurde dieser Trend gestoppt“, erklärt Kröswang, „Mittelfristig gehe ich davon aus, dass sich der Markt wieder beruhigen wird. Spätestens dann ist damit zu rechnen, dass hochwertige, regionale Lebensmittel unter Berücksichtigung des Tierwohls stark nachgefragt werden.“ Achleitner verwies dabei auf eine derzeitige Studie, laut der gerade in der Gemeinschaftsverpflegung mehr Bedürfnis nach Bio-Lebensmitteln existiert.

Neben klaren Vorgaben bei der Nachhaltigkeit von Lebensmitteln, sieht Grötschl für eine erfolgreiche Farm2Fork-Stratgie einen enormen Aufholbedarf im agrarischen Bildungssystem. Seiner Meinung nach wird regenerative Landwirtschaft derzeit zu wenig bis gar nicht in den Lehrplan der Landwirtschaftsschulen integriert. „Prinzipiell macht der Landwirt nämlich das, was er in der Schule gelernt hat. Solange sich also in der Ausbildungsstrategie nichts ändert, ist es schwierig hier etwas zu verbessern. Dabei geht es mir nicht darum zu sagen, das eine wäre besser als das andere. Es ist nur wichtig zu wissen, dass es auch andere Möglichkeiten gäbe“, so Grötschl. Ecker hält abschließend fest: „Ich glaube, wir müssen den Ansatz haben, dass wir nicht Entweder-oder sagen, sondern ‚gemeinsam‘. Wir lernen miteinander. Wir sollten in Zukunft auch bei der konventionellen Landwirtschaft den Status quo aus dem Bio-Bereich integrieren.“