GMEINER MEINT

Gmeiner meint
Foto: Archiv

Es war einmal ein Bauernbund

Agrarlandesrat Stephan Pernkopf wird Bauernbundobmann in Niederösterreich. Ein guter Mann zweifelsohne und eine der kompetentesten und wichtigsten Figuren in der
heimischen Agrarpolitik. Seit vielen Jahren. Und dennoch sehen das, allen noch so einleuchtend klingenden Erklärungen zum Trotz, nicht Wenige kritisch. Pernkopf hat keinen Hof, ist also kein Bauer. Auch wenn er noch so denken und fühlen mag wie ein Bauer und auch, wenn er noch so tief in der Landwirtschaft verwurzelt ist.
Da fällt es schwer, sich die Frage zu verkneifen, ob es denn in ganz Niederösterreich keinen Bauern gibt, dem dieses Amt zuzutrauen und der bereit wäre, die Aufgabe zu übernehmen.
In Oberösterreich war das seinerzeit anders, als es die Idee gab, den damaligen Agrarlandesrat Stockinger zum Bauernbundobmann zu machen. Und es war auch anders, als man der Versuchung widerstand, Elisabeth Köstinger zur Nachfolgerin von Jakob Auer zu machen. Da bestand man auf einen Bauern und setzte sich damit durch.
Aber die Zeiten ändern sich wohl. Auch für den Bauernbund. Die Pern­kopf-Kür ist symptomatisch dafür. Der Bauernbund ist nicht mehr das, was er einmal war. Er ist angeschlagen und hat nicht nur immer öfter Probleme mit der Rekrutierung des Personals. Da ist nur mehr wenig von der einstigen Macht und Bedeutung. Verschwunden sind die Schlagzeilen vom allmächtigen Bauernbund, der die Volkspartei und zuweilen das ganze Land dirigierte, verschwunden die Schlagzeilen vom allmächtigen Bauernbund in der Agrarpolitik.
Die Teilorganisation scheint nur mehr ein Schatten ihrer selbst. „Die Brucknerstraße“ in Wien, Sitz der Österreich-Zentrale und einst Dreh- und Angelpunkt mit Leuten wie Molterer, Pröll oder zuletzt Auer an den Schalthebeln, hat kaum mehr politisches Gewicht. Wo früher mehr als ein dutzend Mitarbeiter die Fäden in Händen hielten und an Konzepten arbeiteten, halten heute gerade einmal eine Handvoll den Betrieb aufrecht. Gäbe es die Bauernzeitung nicht, würden viele Bauern vom Bauernbund kaum mehr etwas merken.
In den Ländern läuft es kaum anders. Vielerorts kämpft man mit Mitgliederschwund und Verlust an Einfluss. Finanziell und personell auf Schmalkost, versucht man zwar wacker, für die Bauerninteressen zu kämpfen, und ist doch neben Ministerium und Kammern längst das dritte Rad am Wagen – wenn man denn nicht schon überhaupt nur mehr als Kurz-Wahlverein betrachtet wird.
Impulse kommen nicht mehr viele. Von nirgends. 2006, als in Österreich zuletzt ein informeller Rat der Agrar­minister stattfand, mischte noch eine gewisse Elisabeth Köstinger aus Kärnten als Obfrau der Landjugend bei den Diskussionen mit und gab zusammen mit Jungbauern-Vertretern den Medien Interviews. Diesmal war von all dem nichts zu sehen. Möglicherweise freilich auch, weil sich die Ministerin „ihren“ Agrarrat nicht verpatzen wollte.
Auch wenn sich manche über die Entwicklung des Bauernbundes freuen mögen, sie ist alles andere als gut für Österreichs Landwirtschaft. Darum ist der Organisation nur zu wünschen, dass sie bald wieder festen Boden unter die Füße kriegt. Und auch, dass sie es wieder schafft, ihre Obmänner und Obfrauen aus den
eigenen Reihen zu rekrutieren.