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Europameister auf sanften Pfoten

Europas bester Traktorfahrer heißt Sam Graham und kommt aus Großbritannien. BLICK INS LAND war bei seiner Siegesfahrt zum „European Drivers Champion“ in Clermont-Ferrand in Frankreich dabei.

Zum zweiten Mal nach 2015 luden der Landmaschinenkonzern John Deere und der Reifenhersteller Michelin zum Kräftemessen auf die Teststrecke in der Auvergne. Erstmals war auch Österreich bei dem Wettbewerb mit dabei. Patrick Henninger (27) aus Pucking in der Nähe von Linz hatte bei einem Facebook-Voting die meisten Likes erhalten und durfte so sein Können am Traktor unter Beweis stellen. Unterstützt wurde er dabei von John Deere-Produktspezialist Andreas Jaksch vom Lagerhaus Technik Center in Korneuburg. Im Wettkampf ging es nicht bloß um die pure Geschwindigkeit, sondern um einen Mix aus Zeit, Fahrgenauigkeit, Verbrauch, Bodenverdichtung.

Für das „Team Austria“ ging es daher darum die richtige Strategie für die rund dreiviertelstündige Fahrt am Testgelände von Michelin zu finden und beim Setup von Traktor und Muldenkipper den richtigen Kompromiss zwischen den einzelnen Anforderungen zu finden. „Mit weniger Luft in den Reifen sammeln wir Punkte bei der Bodenverdichtung, sind aber auf der Straße langsamer“, so Andreas Jaksch. Für Henninger stellte sich die Frage: Vollgas und Zeit gewinnen, aber dafür mehr Diesel verbrauchen oder dosiert fahren.

Neben dem (renn)sportlichen Aspekt nutzen John Deere und Michelin das Medienecho der Meisterschaft geschickt um neuen Produkte bekannt zu machen. Gefahren wurde demnach auf Material, dass es so aktuell noch nicht zu kaufen gibt, nämlich dem John Deere 6250R. Das Flaggschiff der 6R-Serie erreicht mit einem „Engine Boost“ 300 PS und soll vor allem Lohnunternehmer ansprechen. „Leicht, stark und smart“, so definiert man bei JD die neue Maschine, die in Clermont-Ferrand erstmals unter „echten Bedingungen“ gefahren wurde. Im Sommer sollen dann die ersten Traktoren zu den Händlern ausgeliefert werden.

Ebenso spannend die Reifen, die für den Vergleichskampf aufgezogen worden: Der Michelin Roadbib wurde gemeinsam mit dänischen Lohnunternehmern entwickelt und soll optimal auf die Ansprüche dieser Gruppe abgestimmt sein. 80 % Straßenfahrt, 20 % am Feld hat man bei Michelin herausgefunden, ist eine typische Lohnunternehmermaschine unterwegs. Für dieses Verhältnis seien herkömmliche Traktorreifen eigentlich ungünstig. Reine Straßenbereifung würde aber die Performance am Acker zu negativ beeinflussen. Der Roadbib sei daher ein völlig neuer Kompromiss. Seine 52 „Blocks“ sorgen für einen Straßen-Gummi-Kontakt von 40 %, also um 60 % mehr als bei traditionellen Traktorreifen. Auch die Lebensdauer sei um ein Viertel länger. Dies hätten zumindest interne Michelin-Tests ergeben. Zu kaufen gibt es die Pneus ab 2018.

Beim Wettbewerb in Frankreich zeigte sich einmal mehr, wie unterschiedlich die Philosophien bei der Einstellung von Maschinen sein können. Von „Plattfüßen“ bis zu voll aufgepumpten Reifen reichte das Spektrum. Den besten Kompromiss aus Leistung und Umweltgedanken in der sehr engen Entscheidung fand Sam Graham aus Großbritannien. Auch der Oberösterreicher Patrick Henninger kann mit seinem Ergebnis allerdings mehr als zufrieden sein. Er lag zwar in keiner Kategorie ganz vorne, landete aber stets im guten Mittelfeld der 16 Teilnehmer. „Mir ist meine Erfahrung bei der überbetrieblichen Tätigkeit sicher entgegen gekommen. Ich fahre fast täglich mit dem Traktor, viel mit dem Schneepflug und auf sehr unterschiedlichen landwirtschaftlichen Flächen: Schwere und leichte Böden, Acker und Wiese, steil und eben.“ Ungewohnt sei allerdings der Muldenkipper gewesen: Mit dem hierzulande wenig gebräuchlichen Anhänger seien manche Konkurrenten viel aggressiver gefahren. „Mit einem 18-Tonner-Kipper muss man mit viel mehr Gefühl fahren um das Gespann auf Zug zu fahren“, so Henninger. Letztlich sei der Wettbewerb aber ein großartiger Erfahrungsgewinn gewesen: „Meine Fähigkeiten als Traktorfahrer sind sicher besser geworden.“

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