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Energiereich, schmackhaft, pansenschonend

Biertreber & Co. Biertrebersilagen sind ein ideales Ergänzungsfutter für Rinder bei maissilagebetonten Rationen, Schlempe ein eiweißreiches Futtermittel, das durch seine pansenschonende Wirkung besonders für Hochleistungstiere passt. Auch Pressschnitzel und Kartoffelpülpe sind hochverdauliche Futtermittel.

von Wolfgang Reiter

In der industriellen Verarbeitung von stärke-, öl- und zuckerhaltigen Rohstoffen fallen eine Reihe von Nebenprodukten an, die in der Rinderfütterung erfolgreich eingesetzt werden können. Zu beachten ist dabei der unterschiedliche Nährstoffgehalt gegenüber dem Ausgangsmaterial und deren Wirkungsweise im Verdauungsgeschehen.

Biertreber Biertreber ist als Nebenprodukt von Bierbrauereien bekannt und kann im frischen und silierten Zustand verfüttert werden. Biertreber haben einen deutlich höheren Rohproteingehalt im Verhältnis zum Ausgangsmaterial Gerste oder Weizen und sind damit ein eiweißreiches Futtermittel mit einem leichten Überhang in der „Ruminalen Stickstoffbilanz“ (RNB) von plus 10. Sie eignen sich daher ideal zur Ergänzung bei der Verfütterung von Maissilage und/oder eiweißarmen Grassilagen. Dazu kommt die pansenschonende Wirkung durch den hohen Anteil an pansenstabilem Eiweiß (UDP-Gehalt 40 %). Das heißt: Etwa 40 Prozent des Rohproteins gelangt direkt an den Dünndarm. Somit hoher Gehalt an darmverfügbarem Eiweiß (nXP), aber auch hoher Gehalt an Strukturkohlehydraten (NDF-Gehalt über 500g/kg TM) und mittlerer Energiegehalt.

Eine positive Wirkung haben Biertreber auch auf den Verdauungstrakt und somit auf eine bessere Kotkonsistenz. Ihr niedriger Kaliumgehalt ist ideal für die Milchfieberprophylaxe. Deutlich höher ist ihr Gehalt an Kupfer und Zink im Vergleich zu Gras-und Maissilagen. Wegen des höheren Fettgehaltes (84g/kg TM) ist bei größeren Einsatzmengen und beim gleichzeitigen Einsatz von fetthaltigem Futtermittel, wie Raps-, Soja-, Kürbiskernkuchen oder Futterfetten, der Gesamtfettgehalt der Ration zu beachten. Sinnvoll sind Einsatzmengen bis maximal 10 Kilogramm bei Milchvieh und etwa 5 Kilogramm in der Rindermast, wobei die Kraftfutterwirkung berücksichtigt werden muss.

Frische Biertreber sind ohne Konservierungsmittel maximal ein bis zwei Tage lagerfähig. Trotz des hohen Wasser- und Eiweißgehaltes und des geringen Zuckergehaltes silieren die Treber relativ gut. Voraussetzung ist, dass der Treber noch warm einsiliert wird. Rasches Einlagern, Verdichten und luftdichtes Verschließen ist notwendig, Silierhilfsmittel sind ratsam. Auch der höhere Sickersaftanfall muss beachtet werden. Ebenso gilt: Biertreber im Silo oder im Schlauch erst dann öffnen, wenn die Silage vollständig abgekühlt ist. Dies ist etwa nach vier Wochen der Fall. Daher die Biertreber vor zu intensiver Sonnen­einstrahlung schützen.

Schlempe ist ein Nebenprodukt der Bioethanolerzeugung, das bei der Vergärung von stärkehaltigem Weizen wie auch Gerste oder Mais übrigbleibt. Je nach Ausgangsmaterial schwankt der Eiweiß- und Energiegehalt des Futtermittels. Dieses wird vor allem im getrockneten Zustand verfüttert. In Österreich wird es unter dem Handelsnamen „ActiProt“ vertrieben. Durch den Trocknungsprozess wird es nicht nur transport- und lagerfähig, sondern auch die Pansenbeständigkeit des Rohproteins (UDP-Gehalt) wird deutlich erhöht, wodurch sich eine relativ niedrige Stickstoffbilanz im Pansen (RNB-Gehalt) ergibt.

Für dessen Verfütterung gilt: Schlempe ist ein eiweißreiches Futtermittel mit pansenschonender Wirkung und somit ideal für den Hochleistungsbereich. Hoher Gehalt an nutzbarem Rohprotein (nXP) am Dünndarm, ideal für grasbetonte Rationen und bei Maissilagerationen mit anderen Eiweißkomponenten optimal kombinierbar. Schlempen enthalten zum Teil ein Mehrfaches an Mineralstoffen und Spuren­elementen als das Ausgangsmaterial. Der höhere Fettgehalt besonders der Maisschlempe ist bei der Rationsgestaltung zu beachten. Die Einsatzmengen richten sich vor allem nach der Grundfutterzusammensetzung. ActiProt kann sowohl in der Milchviehfütterung als auch in der Rindermast als alleiniges Eiweißkraftfuttermittel eingesetzt werden.

Pressschnitzel sind die geschnitzelten Überreste der Zuckerrübe, nachdem der Zucker entzogen wurde. Durch das Abpressen von Restflüssigkeit werden diese mit einem Trockenmassegehalt zwischen 25 und 30 Prozent zum Verkauf angeboten. Sie werden vor allem als Silage verfüttert, können aber auch frisch vorgelegt werden, als energiereiches, hochverdauliches, schmack­haftes Futtermittel mit geringem Zuckergehalt. Durch den hohen Anteil an Strukturkohlehydraten wie Hemizellulose oder Pektine werden Presschnitzel im Pansen relativ langsam und gleichmäßig abgebaut und erzielen somit eine pansenschonende Wirkung. Sie sind daher ideal bei Rationen mit hohem Azidosepoten­tial, also hohem Maissilage- oder Getreideanteil in der Ration oder als Ersatz für Maissilage und bei der Verfütterung eiweißreicher Grassilagen. Bei der Verfütterung größerer Mengen ist eine Strukturergänzung mit Raufutter oder Stroh notwendig. Zu beachten sind auch ihr hoher Kalzium-, aber niedriger Phosphor-, Natrium- und Kaliumgehalt. Als Einsatzmengen werden maximal 20 Kilogramm Frischmasse pro Tier und Tag in der Milchviehfütterung und 10 Kilogramm in der Rindermast empfohlen. Auch hier muss die Kraftfutterwirkung berücksichtigt werden. Für die Lagerung und Konservierung gilt im Prinzip derselbe Vorgang beim Einsilieren wie bei Biertreber. Aufgrund des höheren TM-Gehaltes und geringeren Sickersaftanteiles können sie problemlos mit Gras oder auch Mais mitsiliert werden.

Kartoffelpülpe fällt in der Stärke­gewinnung aus der Kartoffel an und enthält die hochverdaulichen Zellwandbestandteile des Ausgangsmaterials, dazu Reststärke und kann ebenfalls frisch oder in siliertem Zustand verfüttert werden, als energiereiches, hochverdauliches Futtermittel mit relativ hohem Reststärkegehalt. Ein pansenschonendes Futtermittel, weil bereits 25 Prozent der Stärke direkt an den Dünndarm gelangt. Bei der Verfütterung größerer Mengen ist eine Strukturergänzung mit Raufutter oder Stroh unbedingt notwendig. Obwohl nur niedriger Gehalt an Mineralstoffen, Spurenelementen und Vitaminen, ist die Pülpe ideal zur Ergänzung eiweißreicher Grundfuttermittel.
Als empfohlene Einsatzmengen gelten für Milchvieh maximal 1,5 Kilogramm je 100 Kilogramm Lebendgewicht; bei Mastvieh maximal 1 Kilogramm je 100 Kilogramm Lebendgewicht. Die Kraftfutterwirkung muss ebenfalls beachtet werden. Für die Lagerung gilt: Trotz des niedrigen TM-Gehaltes kaum Sickersaft; Oberfläche glattstreichen, um Lufteintritt zu verhindern und auf vollkommenen Luftabschluss achten. Die Silierdauer beträgt mindestens sechs Wochen.

Preiswürdigkeit Beim Einsatz der genannten Futtermittel spielt neben den ernährungsphysiologischen Aspekten auch deren Preiswürdigkeit im Vergleich zu anderen Energie-und Eiweißfuttermitteln wie Sojaextraktionsschrot, Rapsextraktionsschrot und Weizen eine Rolle. Unter der angeführten Preisannahme von HP-Soja und Weizen dürfte 1 Tonne Biertreber maximal 78,50 Euro kosten. Diese eine Tonne Biertrebersilage ersetzt 110 kg HP-Soja und 110 kg Weizen. Bei Pressschnitzelsilage und Kartoffelpülpe wird ausschließlich Energiekraftfutter (Weizen) ersetzt; es müsste sogar Eiweiß ergänzt werden. Da Rapsschrot einen geringeren Eiweiß-und Energiegehalt aufweist als Sojaschrot, können bei Biertrebersilage und vor allem bei ActiProt viel größere Mengen an Rapsschrot ersetzt werden. Die Grenzpreise beziehen sich ausschließlich auf den Nährstoffgehalt des Futtermittels und berücksichtigen in keiner Weise den Mengenverlust durch Sickersaft oder die Kosten für Transport, Logistik, Lagerung und Entnahme.

Kraftfutterwirkung Mit Ausnahme von ActiProt werden Biertreber-, Pressschnitzelsilage und Kartoffelpülpe auf Grund des niedrigen Trockenmassegehaltes zu den Saftfuttermitteln gezählt. Trotzdem muss beim Einsatz dieser Futtermittel deren Kraftfutterwirkung beachtet werden. Somit kann ein Teil des im Betrieb verwendeten Kraftfutters eingespart werden.

Dr. Wolfgang Reiter ist Fütterungsexperte in der Landwirtschaftskammer Oberösterreich