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„Riesen-Hype um Landwirtschaft 4.0“

Zwei Tage lang ist die Universität für Bodenkultur Wien Schauplatz der internationalen Jahrestagung der Gesellschaft für Informatik in der Land-, Forst- und Ernährungswirtschaft (GIL). Die Tagung wird von der Österreichischen Hagelversicherung unterstützt und verfolgt in diesem Jahr das Leitthema „Digitalisierung für landwirtschaftliche Betriebe in kleinstrukturierten Regionen – ein Widerspruch in sich?“

Für die einen möge der Einsatz digitaler Technologien in der Landwirtschaft noch Neuland sein, für die anderen sei es ganz klar ein nicht mehr wegzudenkender Teil des tagtäglichen Wirtschaftens, so der Vorstandsvorsitzende der Österreichischen Hagelversicherung und Uniratsvorsitzender der Boku, Kurt Weinberger. „So auch für uns als agrarischer Spezialversicherer. Ohne Digitalisierung könnten wir heute nicht als Naturkatastrophenversicherer für die Landwirtschaft tätig sein. Ohne Digitalisierung könnten wir nicht neben Hagel auch Sturm, Überschwemmung, Dürre sowie Frost versichern und dabei ein Mengengerüst von mehr als 100.000 Feldstücken jährlich begutachten. Ohne Digitalisierung könnten wir bei diesem enormen Mengengerüst nicht innerhalb von drei Tagen nach der Erhebung auszahlen. Ohne Digitalisierung könnten unsere Kunden keine Satellitendaten nutzen.“

Satellitengesteuerte Mähdrescher, die zentimetergenau über den Acker navigieren, seien nur ein Beispiel dafür, dass die Digitalisierung die Landwirtschaft bereits nachhaltig erfasst habe. „Im Forschungsbereich beschäftigen uns Themen wie ‚Precision Farming‘ bereits seit Mitte der 1980er-Jahre. Bei der Umsetzung in die Praxis haben wir es aber mit wellenförmigen Entwicklungsschüben zu tun. Im Augenblick beobachten wir einen extrem starken Anstieg“, so der Leiter des Instituts für Landtechnik an der Boku, Andreas Gronauer.

Der Digitalisierungsexperte sieht aber auch Nachholbedarf sowohl in der Forschung als auch ganz besonders in der universitären Ausbildung. In Österreich biete die Boku umfassende agrarwissenschaftliche Angebote an. „Wir versuchen, den rasanten Entwicklungen mit innovativen Angeboten in der Forschung zu begegnen und vor allem durch Reformen in der Lehre die zunehmenden Herausforderungen in der universitären Ausbildung zu bedienen. Das gelingt uns in zunehmendem Maß.“

Die Digitalisierung entwickele sich auch im Agrarsektor rasant weiter und solle den Landwirten die Arbeit erleichtern. Die ‚Landwirtschaft 4.0‘ sei dabei ein wichtiges Instrument für die Betriebe, um effizient und ressourcenschonend arbeiten zu können, so der GIL-Vorsitzende Markus Gandorfer von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft. „Es gibt einen ‚Riesen-Hype‘ um die Landwirtschaft 4.0.“ Wichtig sei aber, wie das Thema in der Praxis ankomme. In Fachzeitschriften – würden vor allem Datenschutz und Datenhoheit als Probleme genannt. Hier gebees noch viel zu tun. Ein weiterer Punkt sei der hohe Investitionsbedarf. Viele Geräte würden im Laufe der Zeit aber kostengünstiger. Jedenfalls müssten sich innovative Ideen hinsichtlich Funktionalität, Kosten und Benutzerkompatibilität bewähren, damit digitale Innovationen schlussendlich durch Transparenz und Nachvollziehbarkeit für eine höhere gesellschaftliche Akzeptanz landwirtschaftlicher Produktionsverfahren sorgen, so Gandorfer.