KLAUENPFLEGE Ein im Durchmesser 2 bis ca. 6 cm großes, haarloses, scharf abgegrenztes, erdbeerrotes Hautgeschwür, mit überlangen Haaren am Rand, das für die Tiere sehr schmerzhaft ist, ist die Folge. Nur die akuten (M2) Läsionen weisen den typischen stinken- den MortellaroGeruch auf. Ein Übergangsstadium (M3) entwickelt sich innerhalb eini- ger Tage nach Behandlung des M2Stadiums und ist von einer dunklen Kruste überzogen, aber meist nicht mehr schmerz- haft. Im chronischen Stadium (M4) sind die Läsionen meist kleiner, ebenfalls nicht mehr schmerzhaft und besitzen ein warzenartiges Aussehen mit einer wuchernden, rauen, grau- braunen Oberfläche. Aus dem chronischen Stadium (M4), entwickelt sich oft – ohne dass es vorher zur vollständigen Hei- lung kommt – wieder ein neues Frühstadium (M4.1) und der MortellaroZyklus beginnt von vorne. Im Zwischenklauenspalt sitzen diese DDStadien oft auf einem Zwischenklauenwulst. Rinder mit akuter DD (M2) zeigen eine auffällige Entlas- tungsstellung bei einseitiger Erkrankung bzw. ein Hin und HerTrippeln, wenn beide Hin- terfüße betroffen sind, was auch gut im Melkstand sicht- bar ist, und zeigen eine gering bis mittelgradige Lahmheit. Rinder, die die nicht schmerz- haften M1, M3, M4 oder M4.1Stadien aufweisen, sind in der Regel nicht lahm. Ursachen DD ist eine Faktorenerkran- kung, die durch eine lokale In- fektion der vorgeschädigten Klauenhaut entsteht. Begüns- tigend wirken sich, wie bei Ballenhornfäule und Zwischen- klauenphlegmonen, eine unhy- gienische Umgebung, Nässe, 16 mechanische Hautschäden durch schlechte Liegeplatzge- staltung und mangelhafte bzw. raue Beschaffenheit der Lauf flächen, Überbelegung und ver- längerte Stehzeiten aus. Diese Risikofaktoren ermöglichen es den anaeroben Trepone- maBakterien, die schützende Hautbarriere zu überwinden und damit die Infektion auszu- lösen. Einen zusätzlichen Risi- kofaktor stellt die verminderte körpereigene Immunabwehr dar, verursacht durch Stresso- ren wie Hitze, Überbelegung, Umstallen der trächtigen Kalbinnen in die Herde sowie schlechte Futterqualitäten. Da- her ist das Auftreten von DD gehäuft in den ersten Wochen nach der Abkalbung, nach Ver- fütterung schlechter Silagen und in Hitzestressperioden zu beobachten. Unterschiedliche Anfälligkeit In jüngerer Zeit wurde festge- stellt, dass Kühe eine genetisch bedingte, unterschiedliche An- fälligkeit für DD besitzen. Mitt- lerweile unterscheidet man zwischen Typ1Tieren, die nie DD haben, Typ2Tieren, welche nur selten oder wenig schmerz- hafte DDLäsionen haben, und Typ3Tieren, mit alle 3 bis 6 Wo- chen wiederkehrenden akuten DDLäsionen. Diese 3 KuhTy- pen können gemeinsam in ei- ner Herde vorkommen. Man sollte in einer infizierten Herde unbedingt diese 3 TierTypen laufend identifizieren, um die Risikogruppe (Typ3Tiere) zu kennen und damit die Behand- lungs und Vorbeugemaßnah- men besser steuern zu können. Mortellaro im Blick Ziel sollte sein, schmerzhafte akute M2Stadien rechtzeitig zu entdecken, um rasch durch lokale Behandlung eine lang an- dauernde Lahmheit zu vermei- den. Zur Vorbeuge ist es unum- gänglich, nicht schmerzhafte M1, M3, M4 und M4.1 Stadien frühzeitig durch regelmäßige, wöchentliche Kontrolle der Füße im Melkstand oder Fress platz zu entdecken und mit- tels lokaler Anwendung von Biozidlösungen zu verhindern, dass sich daraus schmerzhaf- te, akute Läsionen entwickeln können. Es gilt, den Zyklus zu unterbrechen. Rinder mit aku- ten, schmerzhaften M2Läsio- nen sollen rasch in der Herde identifiziert werden und sofort einer Einzeltierbehandlung un- terzogen werden: Reinigung der M2Läsion und Auftragen von Tetrazyklinspray, Repider- maspray (Agrarfachversand) nichtantibiotikahaltigen Gels oder Salizylsäurepaste mit Verband (verdoppelt den Hei- lungserfolg). Eine Einzeltierbe- handlung ist auch unbedingt erforderlich bei allen mortel- laroinfizierten Klauenhornläsi- onen wie Sohlengeschwüren, Wanddefekten, Klauenspitzen- geschwüren oder Hornspalten an der Innenwand. Rinder mit nichtschmerzhaften M1, M3, M4 und M4.1Stadien sind frühzeitig durch regelmäßi- ge Kontrolle der Klauen zu iden- tifizieren und vorbeugend mit zugelassenen Biozidlösungen (aufsprühen mittels Drucksprit- ze im Melkstand oder mittels Klauenbad) zu behandeln. Das verhindert, dass sich daraus schmerzhafte, akute (M2)Lä- sionen entwickeln. Da DD eine Faktorenerkrankung ist, müs- sen im Betrieb unbedingt um- fassende Vorbeugemaßnahmen ergriffen werden, um nachhal- tige Erfolge für die Klauenge- sundheit der Herde zu erzielen. Vorbeuge maßnahmen Da die Mortellaro eine Haut- krankheit ist, steht die Gesund erhaltung der Haut an erster Stelle. Hygiene, ein gezieltes Vorgehen und wiederkehrende Prävention sind meist wichtiger als Mittel und Medikamenten- einsatz. Handeln Sie in jedem Fall schnell und wenden Sie nur bewährte Methoden an. Vor- aussichtlich müssen wir mit der Erdbeerkrankheit leben lernen. Das Ziel müssen daher eine bestmögliche Kontrolle mit ge- nauer Dokumentation der Klau- enbefunde und vor allem vor- beugende Hygienemaßnahmen bei Zukauf und Stallbesuchern wie Tierarzt oder Klauenpfleger (BioSicherheit) sein. Es ist bekannt, dass bei man- chen Tieren immer wieder aku- te Mortellarostadien auftreten, während andere Tiere im glei- chen Stall verschont bleiben oder die typischen Läsionen relativ rasch komplikationslos abheilen und nicht wieder auf- treten. Die Ursache für diese Unterschiede findet sich im Genom der Kühe. Vereinfacht bedeutet das, dass einige Tiere in ihrem Erbgut Gensequenzen aufweisen, die eine höhere Wi- derstandskraft gegenüber dem Erreger der DD vermitteln. Die- ser genetische Unterschied ist eine große Chance für Zuchtor- ganisationen, eine genomische Zuchtwertschätzung für Mor- tellaro zu entwickeln. Möglichkeiten zur lokalen Behandlung – Tetrazyklinspray (Blauspray vom TA) – Salizylsäurepaste mit Ver- band („Novaderma“) – Antibiotikafreie Gels mit Verband – Desinfektionslösungen ohne Schwermetalle – PolyurethanWundauflage („Mortellaro Heal“Pflaster) – Reinigung der Hautläsionen mit Wasser Franz Wolkerstorfer, Landwirtschafts- kammer Oberösterreich rinderprofi 3/2023