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Almen: Berufungsurteil bietet noch keine Rechtssicherheit

Tirols Agrarlandesrat und LH-Stellvertreter Josef Geisler zeigt sich „erleichtert“ darüber, dass das Oberlandesgericht das erstinstanzliche Urteil im Zivilprozess zur Kuhattacke 2014 im Pinnistal zumindest teilweise aufgehoben hat. Strafrechtlich war der Tierhalter vom Gericht bereits freigesprochen worden. „Das Ersturteil war ein Schock und hat zu Beginn der Almsaison zu einer massiven Verunsicherung in der Almwirtschaft geführt“, erinnert Geisler. Darauf habe die Landesregierung umgehend reagiert und gemeinsam mit dem Bund ein Maßnahmenbündel geschnürt. „Das hat zur Beruhigung beigetragen, die Rechtssicherheit für die Bauern dauerhaft erhöht und es sorgt insgesamt für mehr Sicherheit auf unseren Almen. Wir tun alles, um tragische Vorfälle wie jenen von 2014 im Pinnistal zu verhindern“, betont der LH-Stellvertreter.

Die bestehende Wegeversicherung des Landes wurde auf die Almwirtschaft und das Weidevieh ausgeweitet, die Eigenverantwortung der Almbesucher durch die Novellierung des Tiroler Almschutzgesetzes genauso gesetzlich verankert wie grundsätzliche Verhaltensregeln auf den Almen. Außerdem wurde eine umfassende Informationskampagne zum richtigen Verhalten auf den Almen gestartet. So konnte die Sperre von Wegen verhindert und die Bewirtschaftung dieser Zonen gesichert werden.

Tirols Landwirtschaftskammer-Präsident Josef Hechenberger erklärt in einer ersten Reaktion auf die nunmehrige Abschwächung des extrem harten Urteils des Landesgerichts: „Dass dem Bauern nicht erneut die alleinige Schuld zugesprochen wurde, ist sicherlich positiv zu sehen. Damit bestätigt sich für mich der fehlende Realitätsbezug des Ersturteils. Aber auch das Berufungsurteil des OLG ist immer noch nicht zufriedenstellend, weil es für die Almbauern immer noch keine Rechtssicherheit bietet.“

Das Oberlandesgericht kommt zum Schluss, die Wanderin hätte als Hundehalterin über die Gefahren, die von ihrem Tier ausgehen, Bescheid wissen müssen. So auch über die Gefahr, die durch Hunde bei Begegnungen mit Mutterkühen besteht. Auch die Tatsache, dass die vom Bauern aufgestellten Hinweisschilder nicht beachtet wurden, greift das OLG Innsbruck auf.

„Bei aller Tragik dieses Unfalls darf nicht auf die weitreichenden Folgen des Urteils vergessen werden. Dass im zweiten Urteil nun die Eigenverantwortung auf Basis der ‚alten‘ Rechtslage schon berücksichtigt wurde, ist zu begrüßen. Es zeigt sich aber, dass die politisch erreichten rechtlichen Änderungen beziehungsweise Klarstellungen für die Zukunft absolut wichtig und notwendig waren.“

Aus Sicht der Landwirtschaft lässt das Urteil mehrere wichtige Fragen weiter unbeantwortet. Vor allem jene, wann ein, wie im Urteil immer wieder erwähnter, „stark frequentierter Ort“ vorliegt und wann nicht.

„Fakt ist, dass unsere Bäuerinnen und Bauern wissen müssen, was zu beachten ist, wenn sie ihr Vieh auf die Alm bringen“, stellt sich Hechenberger erneut hinter die Almbauern. Bereits vor dem heurigen Almsommer wurden von der LK und dem Almwirtschaftsverein Informationsveranstaltungen, neue Schilder sowie Schulungen rund um das Thema „Almsicherheit“ angeboten. „Dennoch kann man nicht jeden Weg abzäunen und jeden Besucher an der Hand nehmen. Wir können unsere Almen nicht in Watte packen. Immer wieder tauchen Videos und Bilder auf, die absolutes Fehlverhalten im Umgang mit Weidevieh dokumentieren. Wenn ein solches vorliegt, kann es nicht sein, dass der Bauer zum Schluss der Dumme ist.“