Foto: AMA/Lechner

„Viel Potenzial für Neueinsteiger“

Interview Mit Bauern, Verarbeitern und Handel startete die AMA-Marketing im Sommer 2017
die Kampagne „Federführend“. Denn die Nachfrage nach Hendl- und Putenfleisch steigt.
Die heimischen Produzenten können den Bedarf aber derzeit nicht decken. Daher appelliert
ZAG-Obmann ROBERT WIESER: „Wir suchen neue Mäster!“

geflügelprofi: Wieso braucht der Markt neue Mäster?
Wieser: Das hat mehrere Gründe. Einerseits möchten wir im Handel mit heimischem Geflügelfleisch breiter Fuß fassen. In vielen guten Gesprächen mit den Handelsentscheidern orte ich großes Interesse für heimische Ware. Dank des AMA-Gütesiegels und der Initiative „Federführend“ ist der Eigenanteil so hoch wie in kaum einem anderen Land. Der Handel gibt damit ein Bekenntnis und eine Garantie zur heimischen Landwirtschaft ab und ist unverzichtbarer Partner.

Und in der Gastronomie?
Hier tut sich vor allem bei der öffentlichen Beschaffung einiges, das die Nachfrage steigen lässt. Und das ist gut so.

Wie ist die Situation bei der Selbstversorgung derzeit?
Beim Hendlfleisch haben wir derzeit nur eine Selbstversorgung von 75 Prozent, bei der Pute sind es gar nur 35 Prozent. Einzig bei der Biohaltung produzieren die Bauern derzeit mehr, als in Österreich gegessen wird. Hier ist aber die Nachfrage aus Deutschland extrem groß.

Welches Ziel haben Sie sich gesetzt?
Insgesamt sehe ich viel Potenzial für Neueinsteiger. Ich wäre glücklich, wenn wir in den nächsten drei Jahren hundert neue Landwirte motivieren könnten.

Fürchten Sie keine Ablehnung von Seiten der Tierschützer, wenn Österreichs Geflügelhalter die Produktion ausweiten?
Nein, wir haben mit Tierschutz­organisationen eine sehr lange und gute Zusammenarbeit. Nehmen Sie etwa das Beispiel der Käfigeier. NGOs wie „Vier Pfoten“ haben uns intensiv unterstützt, weshalb in Supermärkten heute nur mehr heimische Frischeier erhältlich sind. Ich weiß, dass sie unseren Weg auch in der Geflügelmast mitgehen werden.

Warum sollten die Konsumenten zu teurerem Fleisch aus Österreich greifen?
Wir haben strenge Auflagen bei der Tierhaltung, mit Besatzdichten von maximal 30 Kilogramm Lebendgewicht am Quadratmeter bei Hendln und 40 Kilogramm bei Puten. Und wir füttern unser Geflügel gentechnikfrei. Auch sind die Bauern in intensivem Kontakt mit den Tierärzten, um ihre Bestände so gesund und medikamentenfrei wie möglich zu halten.

Immer öfter gibt es auch Probleme mit Anrainern, wenn neue Ställe gebaut werden. Wie sehen Sie das?
Es gibt einfach Standorte, wo eine tierische Veredelung nicht möglich ist. Aber es gibt viele Standorte, wo Hendl- und Putenmast gut passen. Wichtig ist es, mit den Anrainern zu reden. Auch die Fachleute aus Raumberg-Gumpenstein können mit fundierter Forschung hier unterstützen. Sie liefern amtlich anerkannte Messdaten, etwa betreffend Emissionen. Damit lässt sich die Diskussion mit Bürgern und Gemeindevertretern versachlichen.

Mit welchen Investitionssummen müssen Neueinsteiger rechnen?
Für die Hendlmast im Haupt­erwerb sind um die 40.000 Hendlmastplätze notwendig. Das ist eine Halle mit zirka 2.200 Quadratmeter Fläche. Wir reden hier von einer Investition ab 800.000 Euro. Dafür werden in der Geflügelhaltung Investitionen bis zu 600.000 Euro pro Vollerwerbsbetrieb gefördert. Für Junglandwirte oder für besonders tierfreundliche oder umweltschützende Maßnahmen gibt es höhere Fördersätze bis zu 30 Prozent. Und Geflügel­mast geht – entsprechend kleiner – ­natürlich auch im Nebenerwerb.

Und wie sieht es mit den Preisen aus?
Auch hier ist uns in den vergangenen Jahren viel gelungen. Der Preis der Hendln ist an den Futterpreis gekoppelt, das sorgt für konstante Deckungsbeiträge und gibt Planungssicherheit. Auch bei Puten haben wir dieses Modell seit fast einem Jahr. Die Geflügelmastgenossenschaft bietet für Mitglieder zusätzliche Vorteile, etwa eine Versicherung im Salmonellenfall oder einen Pool zur Deckung der Kosten, falls ein Schlachthof ausfällt.

Wo können sich interessierte Landwirte melden?
Wir haben einen sehr erfahrenen Berater bei der GGÖ. Ich glaube, niemand kennt sich in der Geflügelmast so umfassend aus wie Josef Kattner. Er kommt nach Voranmeldung im GGÖ-Büro gerne vorbei.

Robert Wieser ist Obmann der Zentralen Arbeitsgemeinschaft der Geflügelwirtschaft, ZAG.

www.gefluegelmast.at