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Koalitions-Kuhhandel: Bauernanliegen gehen in Rauch auf

Weil das für 2018 geplante Rauchverbot in der Gastronomie nach einem Kuhhandel wieder gekippt werden soll, hat der künftige ÖVP-Bundeskanzler Sebastian Kurz jetzt auch erheblichen Erklärungsbedarf gegenüber den Bauern.

Der Grund dafür: Die Forderung der Freiheitlichen, den blauen Dunst weiterhin in Gaststätten zuzulassen, haben sich die türkisen Verhandler um Sebastian Kurz, wie Insider behaupten, mit der Absage einer CETA-Abstimmung abkaufen lassen. Dabei haben gerade Österreichs Bauern eine besonders kritische Haltung gegenüber dem geplanten Freihandelshabkommen zwischen der EU und Kanada.

Im Herbst 2016 hatten sich 500 Agrarbetriebe quer durch Österreich bei einer Umfrage des Marktforschungsunternehmens KeyQuest zu 79 Prozent klar gegen die Unterzeichnung des Vertrags ausgesprochen. Laut dieser Befragung sind 78 Prozent der Landwirte überzeugt, dass CETA die Gentechnikfreiheit der heimischen Landwirtschaft untergräbt. 68 Prozent befürchten, dass mit einem CETA-Abkommen die Produktionsstandards innerhalb der EU sinken werden. Nur fünf Prozent der Bauern erwarten sich daraus Vorteile. Vor allem Jüngere sind ablehnend skeptisch.

Während etwa Vertreter der Landwirtschaftskammer keine Gefahr durch das Handelsabkommen sehen, sind viele Bauern also weiterhin völlig anderer Meinung. Mit dem Abtausch „Rauchverbot aufheben/keine CETA-Befragung der Österreicher“ sehen sich viele besorgte Landwirte nun jedenfalls von Kurz & Co, aber besonders auch von der FPÖ, mit ihren Anliegen, selbst über das Abkommen abstimmen zu dürfen, im Stich gelassen.

Gerade die Freiheitlichen hatten sich stets als Anti-CETA-Partei gerühmt. „Mehr Schall als Rauch“, macht ein erboster Biobauer im Gespräch mit BLICK INS LAND nun seinem Unmut Luft.

Aber auch bei anderen Sachthemen speziell im Agrarbereich haben die türkischen ÖVP-Verhandler um Chefverhandlerin Elisabeth Köstinger dem Vernehmen nach wenig Durchsetzungskraft bewiesen. So soll die vom Bauernbund auf den Tisch gelegte Forderung nach Wiedereinführung von steuerbegünstigtem Agrardiesel bereits am Veto der blauen Verhandler gescheitert sein. Dafür will man überzogene Forderungen der Blauen etwa in Sachen Tierwohl verhindert haben, betonen mehrere ÖVP-Politiker gegenüber BLICK INS LAND.

Bleiben soll auch der Kammerzwang – hier ist die FPÖ umgefallen –  dafür soll die Kammerumlage „deutlich“ verringert werden, was bisher von den Verhandlern aber weder bestätigt noch dementiert wurde.

In der ÖVP Bundesparteizentrale laufen indes seit gestern die Telefonleitungen heiß. Erboste ÖVP-Wähler fordern ihre Partei auf, dass ab Mai 2018 geplante Rauchverbot in Lokalen doch noch durchzusetzen. Die neue Volkspartei in der Lichtenfelsgasse 7 in Wien hat übrigens die Telefonnummer 01/40126-10.

Betroffen vom Rauchverbot wären übrigens auch etwa 500 Shisha-Lokale in Österreich, die schließen müssten. Ein Schreckensszenario für die Blauen rund um Heinz Christian Strache, die damit die rotweißrote „Wasserpfeifen- und Shisha-Kultur“ in Gefahr sehen, so Johann Gudenus, blauer Vizebürgermeister und nicht amtsführender Stadtrat in Wien.

Die Österreichische Krebshilfe hat eine Online-Pedition gegen die Aufhebung des Rauchverbotes gestartet. Noch keine 48 Stunden online, wurde diese bereits von rund 175.000 (!) Österreicherinnen und Österreichern unterzeichnet. Vielleicht wird auch diese Pedition indirekt zu einem weiteren Schritt gegen die CETA-Entmündigung der Landwirte.

BERNHARD WEBER

www.openpetition.eu/at/petition/online/wir-fordern-oevp-und-fpoe-auf-das-nichtrauchergesetz-muss-bleiben