Im Fokus

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Foto: Archiv

Jetzt die Milch-Marktmacht stärken!

Stelle man die Frage, was Bier und Milch gemeinsam haben, welche Antwort würde man wohl erhalten? Beides sind erfrischende Getränke, werden die einen sagen. Zur Herstellung braucht beides unsere Bäuerinnen und Bauern, werden andere erklären. Und wieder andere würden launig anmerken, dass es sich bei beiden um Grundnahrungsmittel und heimische Kulturträger handelt. Alle drei Antworten stimmen wohl auch. Und beide Getränke dürfen nicht nur auf beste heimische Qualität pochen, sondern weisen auch beste Imagewerte auf. Die Österreicher greifen weit überwiegend nach heimischen Marken, der Konsumpatriotismus ist bei Milch und Bier besonders ausgeprägt, bei Milch noch mehr als beim Gerstensaft.
Spannender ist aber die Frage: Was unterscheidet die beiden Getränke? Und dabei sticht eines wohl besonders hervor: Bier wird so gut wie jedes Jahr teurer. Als Grund nennt die Brauereiwirtschaft stets höhere Lohn- und Rohstoffkosten – also höhere Einkommen für die Brauereiangestellten und vermeintlich bessere Erlöse für die Landwirte. Milch hingegen wird nicht teurer. In umkämpften Marktsituationen wird von den Molkereien anders reagiert, um wieder Gewinne einfahren zu können, nämlich mit der Senkung der Rohstoffpreise. Das wiederum bedeutet geringere Erlöse für Rohmilch – immerhin bleiben die Einkommen der Molkereimitarbeiter davon ausgespart.
Wie ist das möglich? Der größte Player am heimischen Bier-Markt, die Brau Union Österreich AG, beherrscht mit 50 Prozent Marktanteil hierzulande das Geschäft. An ihr kommt niemand vorbei – auch nicht der Lebensmitteleinzelhandel. Hier haben die drei großen Supermarkt-Konzerne eine derart beherrschende Stellung, dass sie ihren Lieferanten die Einkaufspreise diktieren können. Jeder kleine Hersteller, der versucht, mit seinen Produkten im Einzelhandel gelistet zu werden, kann davon ein Lied singen. Sie stehen vor der Wahl, weit unter dem Ab-Hof-Preis im Einzelhandel für eine riesige Käuferschar neben unzähligen Konkurrenzprodukten anzubieten oder von einer überschaubaren, aber dafür kalkulierbaren Anzahl an Stammkunden angemessene Preise bezahlt zu bekommen. Den kleinen Produzenten fehlt schlicht die Marktmacht, ihre Preisvorstellungen gegenüber den Handelskonzernen durchzubringen. Die Konzerne sitzen immer am längeren Ast. Denn wenn Bauer Huber nicht zu den angebotenen Konditionen liefern will, dann bleibt ja immer noch der Betrieb Maier. Oder Müller.
Doch gegenüber den Bierbrauern ist selbst die beherrschende Position der drei Handelskonzerne wenig wert. Erhöhen die größten Brauereien ihre Preise, muss der Lebensmittelhandel zähneknirschend mitziehen, die Differenz entweder selber schlucken oder an die Kunden weitergeben. Ein System, das funktioniert: Der Bierkonsum steigt, ebenso die Anzahl der Brauereien. Niederösterreich hat hier 2016 übrigens erstmals Oberösterreich überholt. Höhere Preise führen also keineswegs zum Einbruch des Markts, im Gegenteil.
Was lehrt das für die Milchbranche? Wir müssen auch hier die Marktmacht der Bauern gegenüber dem Handel erhöhen. Gerade bei der Frischmilch lassen sich die Konsumenten kein X für ein U vormachen und Milch aus dem Ausland unterjubeln. Hier sind auch die Manager und Funktionäre in den genossenschaftlich organisierten Mol­k­ereien gefordert! Damit die bäuerlichen Milchviehbetriebe, die im Genossenschaftsmodell ja auch Eigentümer der Mol­k­ereien sind, nicht länger die schwächsten Glieder in der Preiskette sind.