GMEINER MEINT

Gmeiner meint
Foto: Archiv

Geben sich die Bauernvertreter auf?

Österreichs Bauern machen nach Jahren des Niedergangs keine zwei Prozent der Bevölkerung aus. Ihr Beitrag zur Wirtschaftsleistung des Landes ist, in offiziellen Zahlen gemessen, noch geringer. Zynisch könnte man da sagen, dass Elisabeth Köstinger doch nur recht hat, dass sie nach dem Rückzug aus dem EU-Parlament und der Rückkehr nach Wien nach den NR-Wahlen gleich einen Südtiroler EU-Abgeordneten quasi als ihren „Nachfolger“ nominiert und damit die Bauernvertretung ins Ausland auslagert.
Bei Licht betrachtet ist das freilich nichts anderes als eine Selbstaufgabe der heimischen Bauernvertretung. Von Umsicht und Stärke zeugt das nicht, sehr viel eher von einem sehr saloppen Umgang mit der Verantwortung.
Dass die Umstände des Wechsels schwierig sind und der nächste mögliche Bauernvertreter auf der Wahlliste zu weit hinten rangiert, um Köstinger zu folgen, darf keine Entschuldigung sein. Zumal es inmitten einer Phase geschieht, in der es für die heimische Landwirtschaft vor der nächsten Agrarreform in Brüssel um sehr viel geht. Und zumal sich viele Landwirte auf Köstinger, ihr Fachwissen und ihre Versprechen, sich für die heimischen Bauern in Brüssel einzusetzen, verlassen haben. Das alles klingt nun ziemlich hohl – es sei denn, sie wird doch noch Landwirtschaftsministerin.
Die ehemalige und auch die neue Bauernbundführung sehen in der Köstinger-Nachfolge jedenfalls ziemlich alt und überfordert aus. Sichtbares Indiz dafür ist, dass die Bauernbund- und Parteimedien die Rückzugsankündigung Köstingers auf der Rieder Messe bisher mit keinem Wort erwähnten wie auch, dass man als Ausweg erwägt, Österreichs Bauern im Brüsseler EU-Parlament durch einen Südtiroler vertreten zu lassen.
Der Abgang der Vorzeige-Agrarpolitikerin wirft ein bezeichnendes Licht auf die Personalprobleme im Bauernbund. Es geht ja nicht um Köstinger alleine. Mit dem Rückzug von Jakob Auer und Hermann Schultes aus dem Nationalrat gehen den Bauern in einer überaus heiklen politischen Phase zwei Schwergewichte verloren. Wenn man sich Gewicht und Bedeutung der Bauern, respektive des einst in der ÖVP so mächtigen Bauernbundes, im Umfeld der türkisen Kurz-Bewegung und deren Programm anschaut, ist Sorge durchaus angebracht: Landwirtschaft kommt da kaum vor.
Für den neuen Bauernbundpräsidenten Georg Strasser sind das enorme Herausforderungen, die er erst einmal meistern muss. Die Stärke der Bauern in der ÖVP und ihre zahlenmäßige Stärke in der VP-Fraktion im Parlament werden wohl nicht mehr zu seinen Atouts gehören, wenn es gilt, Bauernanliegen durchzusetzen.
Aber damit kämpft nicht nur der VP-Bauernbund. Auch in anderen Fraktionen ist die Landwirtschaft dabei, Gewicht zu verlieren. Wolfgang Pirklhuber (Die Grünen) wurde von den eigenen Leuten abgewählt, Leo Steinbichler (Team Stronach) von seinen Wählern. Wie immer man zu diesen beiden stand – mit ihnen gehen zwei, denen die Landwirtschaft ein Anliegen war. Auch sie werden wohl von Abgeordneten ersetzt, für die Landwirtschaft nicht viel mehr ist als kaum zwei Prozent der Wirtschaftsleistung. Und die Bauern nicht mehr als 1,4 Prozent der Bevölkerung.