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Gemischte Reaktionen auf GAP-Vorschläge

Im  Vorschlag der EU-Kommission für die Gemeinsame EU-Agrarpolitik von 2021 bis 2027 (GAP) sieht der Europaabgeordnete Othmar Karas „einige positive Punkte, aber auch inakzeptable Einschnitte“. Positiv sei zu vermerken, dass die Direktzahlungen gemäß den Forderungen des Europaparlaments für größere Betriebe verhältnismäßig geringer ausfallen und es eine absolute und EU-weit einheitliche Obergrenze pro Betrieb gebe. Erfreulich bezeichnete Karas auch die geplanten Vereinfachungen beim Mittelbezug wie etwa durch das Pauschalsystem für Kleinlandwirte. Die Erhöhung der Forschungsmittel für die Bereiche Ernährung, Landwirtschaft, Ländliche Entwicklung und Bio-Landwirtschaft um 10 Mrd. Euro wird von dem EU-Parlamentarier ebenso begrüßt wie der Fokus auf Junglandwirte. In den Verhandlungen über den Mehrjährigen EU-Finanzrahmen werde das Europaparlament aber nur einem Verhandlungsergebnis zustimmen, in dem seine grundlegenden Forderungen berücksichtigt sind, betonte Karas.

„Wir werden uns auf keinen Fall damit abfinden, dass Österreich im Bereich der Ländlichen Entwicklung bis zu 600 Mio. Euro gestrichen werden sollen. Zudem ist völlig unklar, wie die neuen, ambitionierteren Vorgaben für den Umwelt- und Klimaschutz von den heimischen Landwirten mit weniger Geld gestemmt werden sollen. Da gibt es erheblichen Verhandlungsbedarf. Denn der EU-Parlamentsbeschluss zur Gemeinsamen Agrarpolitik stellt sich auf die Seite der Ländlichen Entwicklung und der Bauern“, erklärte der EU-Parlamentarier.

Für Franz Reisecker, den Präsidenten der Landwirtschaftskammer  Oberösterreich, geht der GAP-Vorschlag in die richtige Richtung, grundlegende Änderungen in mehreren Bereichen seien aber notwendig. So begrüßt Reisecker ausdrücklich den Erhalt der Zwei-Säulen-Struktur, die Fortführung der Agrarumweltprogramme und der Bergbauernförderung, den geplanten möglichen Entfall des Systems der Zahlungsansprüche sowie die Möglichkeit der Gewährung von Pauschalzahlungen für Kleinlandwirte. „Im Detail gibt es aber noch viele offene Fragen zur praktischen Umsetzung und angekündigte Verwaltungsvereinfachungen sind noch nicht wirklich erkennbar“, erklärte Reisecker in einer ersten Reaktion zu den Legislativvorschlägen der EU-Kommission.

Positiv wertet der LK OÖ-Präsident die Rückverlagerung von Entscheidungskompetenzen auf die Ebene der EU-Mitgliedstaaten. Allerdings sei die vorgeschlagene Erarbeitung nationaler Strategiepläne für die Agrarpolitik äußerst kompliziert und administrativ aufwendig angelegt. Zudem gebe es in mehreren Bereichen, wie etwa bei der Dauergrünlandwerdung, wieder sehr detaillierte EU-Vorgaben, die die nationalen Spielräume massiv einschränkten. „Auch die erfolgte Neukonzeption der Umwelt- und Klimaschutzmaßnahmen stellt trotz des Entfalls der bisherigen Greening-Bestimmungen keinen wirklichen Beitrag zur Verwaltungsvereinfachung dar“, kritisierte der Kammerpräsident.

Die vorgeschlagene betriebsgrößenbezogene Deckelung beziehungsweise Degression der Direktzahlungen wird von der LK OÖ begrüßt. „Um hier tatsächlich faire Wettbewerbsbedingungen zu schaffen, braucht es aber eine europaweit einheitliche Umsetzung mit einer allgemein verpflichtenden EU-weiten Obergrenze“, forderte Reisecker, der für die Zukunft auch eine stabile EU-Agrarfinanzierung verlangt, um weiterhin die hohen Standards im Umwelt-, Klima- und Tierschutz sowie in der Lebensmittelsicherheit halten zu können. „Die Bundesregierung ist daher gefordert, ihren Widerstand gegen höhere EU-Beiträge aufzugeben und im Rahmen der österreichischen Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr die Verhandlungen zur künftigen EU-Finanzierung sowie zur neuen Gemeinsamen Agrarpolitik konsequent voranzubringen“, appellierte Reisecker.

Bio Austria Obfrau Gertraud Grabmann vermisst in ihrer ersten Reaktion „eine längst überfällige Weichenstellung in Form einer klaren Ausrichtung der GAP auf eine gleichermaßen ökonomisch, ökologisch und sozial nachhaltige Landwirtschaft“. Der Vorschlag enthalte zwar unterstützenswerte Ziele und Maßnahmen mit Potenzial, doch werde insgesamt weder ausreichend Priorität, noch Dotierung für die Honorierung einer nachhaltigen Landwirtschaft auf EU-Ebene sichergestellt. „Die Ländliche Entwicklung mit den Agrar-Umweltprogrammen zu beschneiden, ist ein grundlegend falscher Ansatz und ein verheerendes Signal. Nicht Kürzungen sind angebracht, sondern vielmehr ein gezielterer Einsatz der Mittel. Wir dürfen nicht durch Sparmaßnahmen an der falschen Stelle die Zukunft unserer Kinder und Enkel aufs Spiel setzen“, warnte Grabmann.

„Die vorgeschlagene Gesamtstrategie über beide Säulen der GAP sowie mehr Ergebnisorientierung und Flexibilität um auf nationale Erfordernisse einzugehen, ist durchaus sinnvoll. Allerdings müsste dies mit einer klaren strategischen Gesamtausrichtung einhergehen. So aber bleibt die Reform auf halbem Wege stecken. Es ist davon auszugehen, dass die GAP nach 2020 damit nicht die notwendigen Anreize setzen wird, um Bäuerinnen und Bauern darin zu unterstützen, Umwelt-, Klima- und Tierschutz zu verstärken“, zeigte sich Grabmann enttäuscht.

Kritisch äußerte sich der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Joachim Rukwied, zu den Vorschlägen der EU-Kommission für die Agrarförderung nach 2020: „Die EU-Kommission hat einen Vorschlag vorgelegt, der in wichtigen Punkten in eine falsche Richtung geht. Die Umweltauflagen für die Direktzahlungen sollen deutlich erhöht werden, zugleich wird das Agrarbudget gekürzt. Insgesamt sollen die Direktzahlungen ihre bisherige Funktion der Unterstützung landwirtschaftlicher Einkommen weitgehend verlieren. Zudem erhalten die Mitgliedstaaten mehr Freiräume für ihre Agrarförderung, was neue Verzerrungen zwischen den EU-Staaten hervorrufen kann. Eine verpflichtende betriebliche Kappung von Direktzahlungen ist der falsche Weg und ein durchgreifender Bürokratieabbau ist nicht erkennbar.“

Rukwied erwartet in den weiteren politischen Verhandlungen noch wichtige Veränderungen: „Die Direktzahlungen müssen weiter einkommensstützend wirken. Die erste Säule der GAP darf nicht umweltpolitisch überfrachtet werden. Wir erwarten zumindest ein stabiles Agrarbudget, eine behutsame Weiterentwicklung der Fördermaßnahmen und eine wirkliche Vereinfachung. Statt Kappung und Degression halten wir einzig den Zuschlag für die ersten Hektare bis zur durchschnittlichen Betriebsgröße für geeignet, die unterschiedlichen Strukturen der Betriebe zu berücksichtigen.