Foto: LWF Bayern

Fieberhafte Suche nach Mittel gegen Eschensterben

Ein hartnäckiger Pilz bedroht derzeit Eschenbestände in ganz Österreich und stellt damit Forstwirtschaft und Naturschutz vor große Probleme. Einige Auwälder mussten bereits aufgrund der Gefahr von herunterfallenden Ästen und umstürzenden Bäumen gesperrt werden. Auch vom Aussterben der Baumart ist in einigen Landesteilen die Rede. Die Situation ist durchaus dramatisch, Wissenschafter des Bundesforschungszentrums für Wald (BFW) und der Universität für Bodenkultur (BOKU), Wien, suchen fieberhaft nach einer Lösung, und tatsächlich gibt es noch Hoffnung.

Seit 2005 ist das Eschentriebsterben in Mitteleuropa ein Thema, seit 2007 grassiert es in Österreich. Mittlerweile hat sich die Pilzerkrankung zu einer massiven Bedrohung der Gemeinen Esche entwickelt. Waldbesitzer haben auf Österreichs zweithäufigste Laubbaumart als Zukunftsbaum gesetzt, die auch als wichtige Mischbaumart bei der Anpassung des Waldes an den Klimawandel fungieren kann. Doch die rasante Verbreitung des Pilzes bringt nun die Esche in massive Bedrängnis.

Der eingeschleppte Schlauchpilz (Hymenoscyphus fraxineus) infiziert mittels Sporen die Eschenblätter, wächst in Triebe und Zweige ein und bewirkt dort das Absterben der Rinde und des Holzes. Was mit einem vorzeitigen Blattfall und Welke beginnt, führt letztlich zum Absterben ganzer Äste, Kronenteile und des gesamten Baumes. Außergewöhnlich ist, dass alle Altersstufen durch den Erreger betroffen sind. Weil sich das Eschentriebsterben innerhalb kurzer Zeit über ganz Österreich ausgebreitet hat, wird diese Baumart von Waldbesitzern auch nicht mehr bei Mischwald-Aufforstungen berücksichtigt. Die Esche zählt zu den wichtigsten Edellaubbaumarten in den heimischen Wäldern, die nicht nur ökonomisch, sondern auch ökologisch eine große Rolle spielt.

Eine weitere Gefahr geht von einem nachfolgenden Befall durch Hallimasch und andere Holzfäule-Erreger aus. Durch den Befall der Wurzeln und des Wurzelstocks wird die Standfestigkeit der Bäume stark herabgesetzt, es besteht akute Bruchgefahr. Befallene Bäume können plötzlich umfallen, auch ohne Windeinwirkung. „Die Waldbesitzer müssen nach dem Forstgesetz die Schadorganismen wirksam bekämpfen, zum Beispiel durch Schlägerung und Abtransport der befallenen Bäume“, so Gerhard Mannsberger, der Leiter der Forstsektion im Landwirtschaftsministerium.

Um die Sicherheit zu gewährleisten, können von den Waldeigentümern bis zu einer Dauer von vier Monaten und darüber hinaus von den zuständigen Bezirkshauptleuten in den betroffenen Regionen Sperrgebiete errichtet werden. „Die Bevölkerung ist im eigenen Interesse dazu aufgefordert, diese Sperrgebiete zu berücksichtigen, da nach dem Forstgesetz in diesen Fällen entlang von Forststraßen der Waldeigentümer nur bei Vorsatz haftet. Generell gilt: Wer sich abseits von öffentlichen Straßen und Wegen aufhält, hat selbst auf alle ihm durch den Wald und seine Bewirtschaftung drohenden Gefahren zu achten“, so Mannsberger.

Doch es gibt Hoffnung. Immer wieder werden in stark befallenen Beständen einzelne Bäume entdeckt, die vom Pilz nicht befallen wurden. Auch zwischen einzelnen Klonen wurden Unterschiede in der Befallsintensität festgestellt. Im Rahmen der Initiative „Esche in Not“ forschen BFW und BOKU seit 2007 intensiv an einer Lösung. Seit 2015 wird auf die Unterstützung der Bevölkerung und der Waldbesitzer gesetzt, die gesunde Bäume in stark geschädigten Beständen melden sollen.

Von diesen Exemplaren werden Nachkommen herangezogen und hinsichtlich Resistenz gegenüber dem Pilz untersucht. Hat man eine widerstandsfähige Pflanze gefunden, wird diese für die Neuanlage von Samenplantagen vermehrt. Seit Beginn des österreichweiten Aufrufes sind etwa 740 Meldungen vitaler samentragender Eschen eingegangen. „Ohne die Expertise von BFW und BOKU ist die Rettung dieser wichtigen Baumart nicht möglich“, sagt BFW-Leiter Peter Mayer und unterstreicht die Forschungsarbeit als unverzichtbaren aktiven Schutz der Biodiversität.

„Die Esche ist für österreichische Waldbesitzer eine sehr wertvolle und wichtige Baumart. Nach dem Ulmensterben würde ein Wegfall der Esche unsere Alternativen bei den Laubgehölzen weiter einschränken. Daher haben wir das Projekt ‚Esche in Not‘ als einer der Initiatoren ins Leben gerufen. Es soll nichts unversucht bleiben, dass die Esche auch künftig die Biodiversität in unseren Wäldern bereichert“, betont der Vorsitzende des Ausschusses für Forst- und Holzwirtschaft der LK Österreich, Franz Titschenbacher.

Ein Aussterben der Esche, wie es in Vorarlberg befürchtet wird, würde das mit ihr verbundene Ökosystem nachhaltig verändern. Waldbesitzer und Forstbetriebe, die ihre Bestände dem Klimawandel anpassen wollen, stehen nun schwierige Zeiten bevor. Das komplette Aussterben der Esche schließen Forstexperten zwar zurzeit aus, aber dass sie zu einer seltenen Baumart wird, wie etwa die Ulme, liege durchaus im Bereich des Möglichen, wird betont.

„Die heimischen Forstbetriebe tragen die Gesamtverantwortung für den Wald und seine Leistungen sowie gegenüber den Waldbesuchern“, unterstreicht Felix Montecuccoli, Präsident der Land&Forst Betriebe Österreich. „Wir tragen aber auch Verantwortung. Für die Betriebe ist die Situation eine organisatorische Herausforderung, der sie sich stellen müssen. Gleichzeitig helfen sie bei der Suche nach resistenten Individuen mit, um gegen diese Pilzerkrankung vorzugehen und das Ökosystem bestmöglich zu erhalten. Durch das Eschensterben ergibt sich eine hohe zusätzliche Belastung durch Erhebungs- und Aufarbeitungskosten, Qualitätsminderung sowie Preisverfall aufgrund des Überangebotes“, so der Präsident.

Das Projekt „Esche in Not“ wird mit Unterstützung der Landwirtschaftskammer Österreich, des Agrarressorts, des Österreichischen Forstvereins, aller Landesforstdirektionen, der Naturschutzabteilungen der Länder Salzburg und Oberösterreich sowie des Forstamtes Wien realisiert. Die Bedrohung der Baumart wird in einem Video auf der Projekthomepage erklärt. Nähere Informationen sind unter http://www.esche-in-not.at verfügbar.