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Briten planen Landwirtschaft in Nach-Brexit-Zeit

Das Vereinigte Königreich wird die Stützung seiner Landwirte nach dem Brexit gründlich umbauen. Ein Abbau der heutigen Direktzahlungen zeichnet sich ab, der vor allem Großbetriebe treffen wird. Im 2. Halbjahr 2018 will das Ministerium in London Näheres bekannt geben. Nach dem Ende der EU-Mitgliedschaft soll die Einfuhr von Stopfleber aus Frankreich und Spanien ins Vereinigte Königreich eingeschränkt oder am besten gleich verboten werden. Das verlangen britische Tierschützer, und ihre Forderung stößt nicht nur bei der Labour Party, sondern auch in der Regierung in London auf Sympathie. So viel Einigkeit über die Agrarpolitik nach dem Brexit hat Seltenheitswert auf der Insel. Ansonsten wird gestritten, nicht nur über die Zukunft der wirtschaftlichen Beziehungen zur EU, sondern auch über eine nationale Agrarpolitik, frei von den Vorgaben aus Brüssel. Bleibt die konservative Partei an der Regierungsspitze, stehen die Zeichen auf Kürzung der Förderungen.

„Landwirte müssten für den Erhalt von Steuergeldern etwas leisten“, betont der britische Landwirtschaftsminister Michael Gove. Landwirte hätten kein Recht auf öffentliches Geld, nur weil sie Land besitzen oder es bewirtschaften. Damit gibt Gove die Richtung vor, auch wenn er den britischen Farmern eine Übergangsfrist von fünf Jahren nach dem Austritt im Jahr 2019 zusagt, damit sie sich an die neuen Verhältnisse anpassen können. In Pfund und Penny hat der Staatssekretär für Umwelt, Landwirtschaft und ländlichen Raum, so die offizielle Bezeichnung von Gove, mögliche Kürzungen schon mal beziffert. Zu Beginn des Jahres brachte er eine Obergrenze von 100.000 Pfund (rund 114.500 Euro) pro Betrieb und Jahr ins Spiel, die rund 2.100 britische Landwirte hart treffen würde. Als Alternative kann sich Gove auch eine „Degression“ der Direktzahlungen vorstellen, also eine stärkere Kürzung von größeren Beträgen ohne eine harte Obergrenze. Also eine Debatte, die parallel auch über die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) geführt wird, wenn auch mit deutlich härterer Gangart im Vereinigten Königreich.

3 Mrd. Pfund (3,43 Mrd. Euro) stehen jährlich für den Sektor zur Verfügung. Sollten sie in dieser Höhe erhalten bleiben, wird ein größerer Teil davon in Umweltprogramme oder für die Förderungen der ländlichen Räume abgezweigt. Der britische Bauernverband (NFU) warnt vor Einschnitten bei der Einkommensstützung, vermeidet aber tunlichst eine Fundamentalopposition zu den Plänen der Regierung nach dem Brexit. Gove will in der zweiten Hälfte 2018 sein Konzept für die britischen Landwirte konkretisieren. „Agriculture Bill“ nennt er das britische Nachfolgemodell für die GAP, was zumindest in der Wortwahl ein bisschen an die US-amerikanische „Farm Bill“ erinnert.

Doch zunächst sollen die britischen Landwirte dem Ministerium (DEFRA) ihre Vorstellungen mitteilen. Die Onlinebefragung „Health and Harmony“ endet in dieser Woche. Die erste Frage bezieht sich auf eine Vereinfachungen der Prämien. Anschließende werden die Landwirte gefragt, wie die heutigen Direktzahlungen im Zeitablauf gekürzt werden sollen. Ihr vollständiger Erhalt steht gar nicht mehr zur Debatte. Der Fragebogen erkundigt sich nur noch, ob eine Obergrenze oder gestaffelt Kürzungen bevorzugt werden. Die Gegenwehr der NFU ist schwach. „Es wäre zu kurz gedacht, eine Politik zu verfolgen, die die heimische Produktion vermindert und die das Land von einer Nahrungserzeugung irgendwo in der Welt abhängig macht, wo wir wenig Kontrolle haben“, erklärte allgemein und zurückhaltend NFU-Präsidentin Minette Batters. Die Organisation der Landwirte warnt nicht nur vor Kürzungen der Prämien, sondern auch vor Freihandelsabkommen, die hohe Qualitätsstandards auf der Insel unterlaufen könnten. Doch genau diese Freihandelsabkommen, die die britische Erzeugung unter Druck setzen, sind ein zentrales Anliegen der Brexitbefürworter.

Für die Landwirte in Nordirland hat das DEFRA in einem internen Arbeitspapier schon mal spezielle Direktzahlungen erwogen. Schließlich sind die nordirischen Betriebe vom Brexit besonders getroffen. Zwar haben sich beide Seiten darauf verständigt, dass die Grenze zwischen der Republik Irland und Nordirland keine Zollgrenze werden darf. Aber die fehlende Lösung für Irland blockiert zurzeit die gesamten Brexitverhandlungen. Die EU schlägt den Briten einen Verbleib in der Zollunion vor oder eine Verzollung der Waren zwischen Nordirland und Großbritannien. Das britische Oberhaus und zahlreiche Abgeordnete der Labour Party im Unterhaus in London halten inzwischen auch eine Zollunion mit der EU für die beste Lösung. Dagegen lehnen entschiedene Brexitbefürworter eine Zollunion vehement ab. 60 konservative Abgeordnete verweigern sich auch einer Kompromisslösung, der sogenannten Zoll-Partnerschaft mit der EU, bei der der britische Zoll Waren aus Drittländern, die auf der Insel ankommen, für die EU verzollen würde. Dadurch würden Zollstellen an der irisch-nordirischen Grenze vermieden. May hat kaum noch Handlungsspielraum und die Zeit drängt. Bis Oktober muss der Austrittsvertrag stehen, wenn die Briten geregelt die EU verlassen sollen.